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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1954-02/0014
aussterben lassen. Es wird Arbeit genug machen, das infizierte Wrack dann
glücklich dem Spiel der Wellen anheim zu geben." Das war nicht eine Politik
großen und nationalen Stils, sondern nichts als eine Spekulation, die diese
Liberalen betrogen hat. Roggenbach war nach seiner ganzen Laufbahn allzu
persönlich auf den kommenden Kaiser, den damaligen Kronprinzen Friedrich,
eingestellt und hat die Konsequenzen bis zum bitteren Rest am schärfsten getragen
. Schon während des Zollparlaments und der ersten Reichstagssession
hielt er sehr zurück, um dann gänzlich auszuscheiden. Er blieb der Mann, der
sich als Vierzigjähriger zurückgezogen hatte, um sich nicht vorzeitig zu verbrauchen
, und niemand wußte schärfer als Bismarck, worauf er wartete.
Abgesehen von seiner kurzen Wirksamkeit als geistiger Organisator der Universität
Straßburg 1872 hat er nie wieder den Zugang zu konkretem politischem
Handeln, zum Entscheiden und Verantworten gefunden.

1866 legte Roggenbach sein Mandat als badischer Abgeordneter nieder,
wurde dann aber im Wahlkreis Lörrach-Müllheim 1867 zum Vertreter im
deutschen Zollparlament gewählt. Er nahm als solcher auch im Jahr 1869 an
den Sitzungen in Berlin teil und kam so des öfteren mit Bismarck zusammen.
Dabei erfuhr er von der tiefen Erbitterung Bismarcks gegen seine preußischen
Kollegen im Ministerium, in welche dieser selbst ihm Einblick gewährte. Im
Sommer 1869 bat Bismarck einmal Roggenbach, der ihm auf der Straße begegnete
, ihn nach Hause zu begleiten, um über seine Pläne mit ihm zu sprechen.
Auf dem Wege sagte er plötzlich: „Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir auf die
andere Seite der Straße gehen; hinter uns geht schon einige Zeit ein Mann,
und das ist mir seit dem letzten Attentat nicht angenehm." Im Garten angekommen
, erzählte Bismarck, daß das Ministerpräsidium ihm zuviel Ärger
und Mühe mache, während er an den auswärtigen Angelegenheiten, in denen
er sich einen gewissen Ruf erworben habe, Freude empfinde; er wolle deshalb
nur Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes und preußischer Minister des
Auswärtigen bleiben. Und gereizt rief Bismarck schließlich aus: „Wenn ich den
Verdruß nicht loswerde, den mir die preußischen Verhältnisse machen, so werde
ich toll, oder ich hänge mich an den nächsten Baum!" — Als der deutschfranzösische
Krieg 1870 die Heere ganz Deutschlands zum Kampfe vereinigte,
war Roggenbach, wie er selbst schrieb, wie 1866, als die Entscheidung für
Preußen fiel, kreuzfidel und zitterte nur vor Pfuscharbeit. Sofort beteiligte er
sich von Freiburg aus an Vorbereitungen für die Aufnahme von Verwundeten
und folgte dann einer Einladung in das Hauptquartier des Kronprinzen. Er
folgte dem Heere bis vor Paris. Als nun das Deutsche Reich erstanden war,
suchte der Kronprinz für dessen Ausbau die bewährte Kraft Roggenbachs zu
sichern und schlug ihn Bismarck gegenüber als künftigen Statthalter des Elsaß
vor. Aber der süddeutsche Freiherr erklärte Bismarck mit voller Offenheit,
daß er mit ihm nicht zusammen arbeiten könne, da seine Grundsätze über die
Methode politischen Wirkens von denen des Kanzlers weit verschieden seien
und er für die Germanisierung des Deutschland zurückgewonnenen Landes nicht
ein Forcieren sondern gute Verwaltung mit möglichstem Unbehelligtsein der
Bevölkerung als richtig erachte. Jedoch nahm er dann einen anderen Auftrag
an, der ihm eine nützliche Wirksamkeit für das Reich ohne die Gefahr eines
Zusammenstoßes mit Bismarck ermöglichte: die Organisation der neuen Universität
Straßburg.

Als Elsaß-Lothringen 1871 zu Deutschland zurückkehrte, erwachte sofort
der Gedanke, die alte deutsche Universität, an der einst Goethe Student gewesen
war, und die in den Wirren der französischen Revolution untergegangen
war, wieder zu erneuern und dem neu gewonnenen Reichsland auf diese Weise

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