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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-02/0019
Was ist's mit dem Leuchterweibchen
in der Kirche zu Rötteln ?

Von Karl Seith

Schon mancher, der die Frauenbüste in der mittelalterlichen Gewandung mit
der Kopfhaube und dem unter dem Kinn hindurchgeschlungenen Schleier, die mit
gefalteten Händen ein Gebet zu sprechen scheint, gesehen und sie genauer betrachtet
hat, mag sich gefragt haben, in welcher Beziehung dieses Kunstwerk zur Kirche in
Rötteln stehe.

Die Büste ist am Grund eines Hirschgeweihs befestigt, auf dessen Stangen
kleine Beleuchtungskörper angebracht sind. Die aus Holz geschnitzte Frauengestalt
ist zweifellos ein Kunstwerk von Bedeutung. Das Gesicht ist außerordentlich lebendig
und lebenswahr aus dem Werkstoff herausgeholt; trefflich ist der Ernst gelungen
, der über das Antlitz gebreitet ist. Die hochgiezogenen Augenbrauen über
den Lidern und die scharfen Linien, die von den Nasenflügeln zu beiden Seiten
des schönen und vollen Mundes über die Wangen laufen, scheinen ein trauerndes
Wissen auszudrücken, das das Herz der Frau erfüllt. Die in Andacht zum
stummen Gebet sich faltenden schönen Hände verstärken die Vermutung, daß
das Frauenbild in Verbindung zu bringen ist mit den toten Herren und Frauen,
die in der Georgskapelle der von Rudolf III. im Jahre 1401 wiedererrichteten
Kirche ihre Ruhestätte gefunden haben. Gleichsam zögernd und im Gehen verhalten
scheint sie sich diesen Grüften zu nähern, um dort im Gedenken an die
Ahnen ihres Geschlechts für das Heil ihrer Seelen zu beten.

Das Kunstwerk weist in seiner Entstehungszeit auf das Ende des 15. Jahrhunderts
hin. Die genealogischen Tafeln des Geschlechts der Markgrafen von
Hochbergi-Sausenberg und das Wappenschild mit den drei heraldisch nach rechts
schreitenden übereinandergestellten schwarzen Löwen mit roten Zungen im
goldenen Feld geben die Lösung des Rätsels:

Das Wappen ist dem Geschlecht der Truchsesse von Waldau
r g in Oberschwaben eigen. Sie standen im Gefolge der Schwabenherzöge
von Hohenstaufen und der aus diesem Geschlecht hervorgehenden römischen
Kaiser des heiligen Reiches, trugen in ihrem Dienst hohe Ämter und
übernahmen auch deren Wappenschild.1) Mit dem Grafen Jakob Truchsess von
Waldburg war aber Ursula, die Tochter des Markgrafen Wilhelm von Hochberg
-Sausenberg und seiner Gemahlin Elisabeth von Montfort-Bregenz ehelich
verbunden. Ursulas Mutter war die einzige Tochter und Erbin ihres Vaters Wilhelm
IV. von Montfort-Bregenz und dessen Gemahlin Kunigunde
von Toggenburg und vor 1399 geboren. Elisabeth war in erster Ehe Gattin
des Grafen Eberhard von Nellenburg, als welche sie ihrem Gemahl
die Tochter Kunigunde schenkte, die sich bei ihren Jahren mit
dem Grafen Eberhard von Lupfen verband. 1448 ist diese Kunigunde
Witwe und heiratet im Jahre 1453 in zweiter Ehe Heinrich von
Schwarzenberg, ist aber 1464 schon wieder Wittib.2)

In zweiter Ehe verbindet sich die Witwe Elisabeth von Montfort-
Bregenz-Nellenburg mit dem Markgrafen Wilhelm von Hochberg-

*) Züricher Wappenrolle 1365. Tafel VIII, Nr. 129.

2) J. N. v. Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg.
Belle-Vue bei Konstanz 1845. S. 161-180.

ZGO, N. F, 14. Otto Roller, Die Stammtafel der Grafen von Montfort bis zum
Anfang des 15. Jahrhunderts. S. m 49 f, Nr. 70 und 73.

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