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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-01/0014
von Neuenburg die Geschehnisse seiner Zeit in der ganzen Weite des Reiches
und in ihrer inneren Verflechtung. Er legt dabei das Hauptgewicht nicht nur
auf den geschichtlichen Ablauf, sondern versucht Persönlichkeit und Charakter
der Handelnden in Anekdoten lebendig werden zu lassen, wobei oft Bilder
entstehen, die voll balladenhafter Tönung sind. Er fügt in den Reigen der
Kapitel Meditationen über den Wert des Lebens und aller geschichtlichen Tat.
So in dem Abschnitt über den Juli des Jahres 13472): „O harter Monat Juli,
wieviel Fehden und offene Gefechte allüberall in der Kirche, mit wieviel Krankheit
und Not hast du die Christenheit heimgesucht! . . . Aber, o ewige Barmherzigkeit
, welcher das, was uns schwer und unmöglich scheint, leicht und
geringfügig ist, gib, daß der Same des Unkrautes auf den Äckern der Säeleute
jenen, welche nach Macht verlangen, die ihnen nicht gebührt, Früchte des Leides
und der Spaltung, in den Gärten der Demütigen aber den Weizen des Friedens
und der Ruhe bringe!" Aus seinem Werke und der Art der Darstellung wird
er selbst uns lebendig.

Wir wissen über die Umstände seiner Geburt nichts. Aus einem Eintrag
im Protokollbuch der Universität Bologna vom Jahre 13153), die ihn als
Studenten der dortigen Hochschule ausweist, läßt sich auf sein ungefähres
Geburtsjahr schließen. Wir dürfen annehmen, daß er 1315 im Alter von 17—20
Jahren stand. Dann dürfte sein Geburtsjahr zwischen 1294 und 1297 festzusetzen
sein. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, daß er sich 1364 im
70. Lebensjahr befunden haben soll. Sein Wappen zeigte in der oberen Hälfte
des quergeteilten Schildes einen Löwen. Da dieses Wappen auch dasjenige des
Patriziergeschlechtes derer von Neuenburg ist, muß er ein Sproß dieser Sippe
gewesen sein. Es läßt sich aus diesem Wappen auch eine Verbindung zu dem
Straßburger Patriziergeschlecht von Neuenfels ableiten. Über seine Kindheit ist
uns nichts bekannt, da die Kirchenbücher jener Zeit nicht mehr vorhanden sind.

Erst mit dem Jahre 1315 tritt er als Student der Universität Bologna vor
uns. 1119 gegründet, ist sie die älteste Universität Europas. Besonders bedeutend
war ihre Abteilung des weltlichen und geistlichen Rechts. An dieser Fakultät
erwarb er sich den Grad eines Magisters des canonischen Rechts (magister
decretorum). Seine Immatrikulationsgebühr von vier Schillingen für das Jahr
1315 und drei Schillingen für das Jahr 1316 ist in den Abrechnungsbüchern der
deutschen Nation zu Bologna verzeichnet.

Ein Ereignis aus jener Zeit mag in dem jungen Studenten einen besonders
tiefen Eindruck hinterlassen haben. Jahrzehnte später berichtete er davon im
41. Kapitel seiner Chronik. An einem Septembertage des Jahres 1316 ritt
Prinzessin Katharina, die Schwester der Herzöge von Österreich, mit feierlichem
Gepränge in Bologna ein. Ein Hauch des Schicksals umwehte diese strahlende
Prinzessin. Vor drei Jahren war sie schon einmal durch den sonnigen Süden
geritten, damals, um die Gemahlin Kaiser Heinrichs VII. zu werden. Doch
statt in einer glänzenden Hochzeitsfeier dem Kaiser die Hand zu reichen, mußte
sie in Pisa an die Totenbahre ihres Verlobten treten. Kaiser Heinrich VII. war
am 24. August 1313, kurz bevor der Brautzug eintraf, in Buonconvento
gestorben. Nun ritt Katharina erneut unter dem südlichen Himmel, wiederum
als Braut, um ihre Vermählung mit dem Sohne König Roberts von Neapel,
dem Herzog Johann von Kalabrien, zu feiern. Die Erinnerung an jenen ersten
Ritt mag aus ihrem wissenden Lächeln gesprochen haben, als sich der höfische
Zug durch die Straßen der altehrwürdigen Stadt mit ihren vielen Kirchen und
Palästen bewegte.

2) Kapitel 89, sämtliche Zitate nach der Übersetzung v. Grandauer

3) Albert, Peter Zur Lebensgeschichte d. M. v. Nbg., ZGORh N.F. 19, 1904, S. 752/54

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