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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-01/0043
Wie der Schönauer Mühlmatt-Gletscherschliff entdeckt
wurde, und wie diese Entdeckung sich auswirkte

Von August Göller, Schönau im Schwarzwald

Im August 1928 suchte ein Professor des damaligen Heidelberger Mädchenreformgymnasiums
mich in meiner Behausung auf und gab mir zu verstehen,
daß er gekommen sei, um als Glazialgeologe bei Schönau nach Gletscherspuren
zu forschen. Daraufhin führte ich den vom Forschungsdrang beseelten
Naturwissenschaftler etwas talaufwärts zu dem Felsbuckel, der mir durch seine
merkwürdige Form aufgefallen war.

Die betr. Bodenerhebung war kurz zuvor von den Erdarbeitern aufgedeckt
worden, die in der Schönauer Mühlmatt einen neuen Wiesenweg anlegten.
Auf diese Weise waren auf der Felsoberfläche die Gletscherschliffschrammen,
die viele Jahrtausende hindurch unter Gletscherschutt verborgen waren, zum
Vorschein gekommen.

Mein Begleiter war überglücklich, als er die Zeichen ehemaliger Vergletscherung
gewahrte. Sie ließen erkennen, daß der Eisstrom des Wiesentals einst
mindestens bis zur Schönauer Talweitung vorstieß. Demnach irrte sich der
Freiburger Geologieprofessor Deecke, als er annahm, daß der mittlere Talabschnitt
nicht vergletschert war1). Irrig war auch die von seinem Schüler
Bernhard Brandt 1914 aufgestellte Hypothese, wonach die Gletscherzunge sich
nicht weiter als bis zur Geschwender Gegend erstreckte. Jetzt weiß man, daß
der Wiesegletscher ein rund 25 km langer Rieseneisstrom war. (L. Erb. 1948)2)

Das Gletscherende vermutete der Entdecker des Mühlmattschliffes Th. Buri,
in Übereinstimmung mit dem Geographen und Glazialisten H. Schrepfer bei
der Wembach-Kasteler Talenge, etwa 2,5 km unterhalb von Schönau. (Buri
1928, Schrepfer 1931). In Wirklichkeit endete der Gletscher mindestens 5 km
unterhalb der Talenge (Göller 1938/39 und 1952)**).

Nach der Ermittlung des leider jetzt fast nicht mehr erkennbaren Schliffes
durch den oben Genannten fing ich alsbald an, mich mit den Vergletscherungs-
Problemen des jahrzehntelang heftig umstrittenen mittleren Wiesentalgebietes
zu befassen4). In späteren Jahren wurden auch die Eiszeiterscheinungen der
Strecke Hebelhof—Fahl—Brandenberg vom Verf. hinzugezogen und schließlich
das Ganze von dem Schriftleiter der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg,
Dr. Max Pfannenstiel, und der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft

*) Merkwürdig ist, daß Deecke noch 1917/18 an seiner irrigen Meinung festhielt,
obwohl Adolf Huber (nachmaliger Professor an der Freiburger Rotteck-Oberrealschule)
schon 1905 in seiner Dissertation auf wirklich vorhandene Eiszeitbildungen des mittleren
Wiesentales hingewiesen hatte.

2) Die ungewöhnliche Länge des Wiesegletschers ist vor allem dem mächtigen Eisstrom
des Prägtales zuzuschreiben. Nachdem dieser sich im Geschwender Becken mit
seinem eisigen Partner vereinigt hatte, ragten nur noch verhältnismäßig wenige Gipfel
unserer Bergwelt als sogen. Nunatakker über die Eiswüste empor (Göller 1940 u. 1952).
Die Eismassen waren damals so gewaltig, daß sie nicht nur das Haupttal, sondern auch
mehrere Seitentäler weithin erfüllten (Göller 1938/39, 1940, 1952). — Bei dieser
Gelegenheit seien auch die vom Verf. in seinem Forschungsbereich festgestellten
Transfluenzen kurz gestreift (Göller 1938/39, 1940, 1952).

3) Prof. Buri wurde von einem Schönauer Friedhofwärter z. d. Verf. geschickt.

4) Nebenbei gesagt, benutzte der Verf. bei seinen glazialgeologischen Untersuchungen
nicht nur den Geologenhammer, sondern gelegentlich auch Pickel und Schaufel
(Göller 1937, 1938/39, 1940, 1952).

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