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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 75
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Neffe ebenfalls. Das Haupt der Regierungstreuen war der wackere Bürgermeister
Schanzlin von Kandern, auf dessen Seite auch der ganze Gemeinderat stand. Viele
Männer, die der großherzoglichen Regierung die Treue hielten, wurden unter
schmachvollen Beschimpfungen, teils mit Stricken um den Arm, Schanzlin gar
um den Hals, unter militärischer Bewachung nach Freiburg geführt, um dort vor
ein Kriegsgericht der Revolutionäre gestellt zu werden. Gegenrevolutionäre
Strömungen waren auch in den Gemeinden Holzen, Riedlingen, Binzen u. a. vorhanden
, die planten, Flüchtlinge von dem Übertreten auf Schweizer Boden abzuhalten
. Von Freiburg aus wurde eine Strafexpedition in Marsch gesetzt. In
Schliengen teilte sie sich. Die eine Abteilung sollte nach Kandern marschieren,
um dort die „Royalisten" zu verhaften. Aber am Sonntag, während des Gottesdienstes
, fand sie in Riedlingen Widerstand. Es kam im Dorfe zum Gefecht. Beide
Anführer fanden den Tod. Die Royalisten zogen sich in den Wald zurück, die
Republikaner wandten sich mit ihren Gefangenen wieder nach Freiburg. Nach
Freiburg zogen auch die Soldaten der Infanterie, der Artillerie und der Dragoner,
soweit sie nicht unterwegs ausrückten und sich in die Heimat begaben. Die Offiziere
fuhren bei Neuenburg über den Rhein ins Elsaß, um nicht in Freiburg genötigt
zu werden, der Revolutionsregierung Dienste zu leisten. Auch viele Einwohner
, die mit dem Umsturz nicht einverstanden waren und für ihr Hab und
Gut und ihre persönliche Freiheit fürchteten, begaben sich über den Rhein und
wurden in Neubreisach und Colmar liebreich und teilnahmsvoll aufgenommen.

In der Nacht vom 13./14. Mai hatte sich die großherzogliche Familie in Begleitung
einer Abteilung Dragoner und Artillerie (später in ehrender Anerkennung
ihrer Treue als „Leibdragoner" und Artillerieregiment „Großherzog" Nr. 14
benannt) über den Rhein nach Germersheim und von da nach Lauterburg im
Elsaß begeben. Am 14. folgten die Minister.

Auf einer Volksversammlung in Offenburg am 13. Mai war ein revolutionärer
Landesausschuß eingesetzt worden, aus dem später eine provisorische Regierung
unter Brentano und Struve hervorging. Eine konstituierende Landes Versammlung
hatte die Aufgabe, eine neue demokratische Verfassung auszuarbeiten.

Aber die neuen Machthaber mußten erleben, daß es leichter ist, eine Autorität
zu zerstören als eine neue aufzubauen. Das neue Volksheer setzte sich zusammen
aus den meuternden Soldaten, den heimischen Volkswehrleuten und Flüchtlingen
und Abenteurern aus aller Herren Länder. Ihr Oberbefehlshaber war der Pole
Mieroslawski.

Großherzog Leopold hatte beim Bundestag und bei Preußen militärische Hilfe
beantragt. So rückten denn von Norden und Westen preußische und Bundestruppen
ein unter dem Oberbefehl des Prinzen Wilhelm von Preußen, des nachmaligen
ersten Deutschen Kaisers. Die Revolutionstruppen wurden im Norden
des Landes bei Waghäusel geschlagen und zogen sich auf die Murglinie zurück.
Durch die Gefechte, die hier stattfanden, überwunden, wandten sich die Aufständischen
nach Süden; ihre Reste überschritten am 11. Juli bei Eglisau und
Konstanz die Schweizer Grenze. Durch Lörrach zogen die Blenkerschen Truppen,
etwa 1500-2000 Mann mit 13 Geschützen. Die badische Artillerie war schon
übergetreten. Die im Ort rastende Flüchtlingsmenge war übel bestellt. Hitze,
Hunger, Durst, Not, Zorn und Schamgefühl peinigten sie. Wäsche, Schuhe,
Strümpfe, Geld und Ruhe fehlten ihr. Bayern, Hessen, Tiroler, keiner kannte den
andern, keiner traute dem andern. Die Offiziere nebst Blenker betranken sich und
prahlten von ihren „schönen Siegen in hundert Schlachten" und ähnlichem
dummem Zeuge, bezahlten aber keinen Pfennig Sold an ihre Leute aus. So schreibt
ein Augenzeuge, der Lörracher Arzt Eduard Kaiser. Die Landesversammlung
hatte sich aufgelöst. Nur die Festung Rastatt leistete Widerstand. Am 23. Juli
ergab sie sich. Die Revolution war niedergeworfen. Nun begann die Tätigkeit der

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