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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 279
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Fehler schon vor der Trauung an den Tag, so durften sie nicht wie die anderen an
den üblichen Hochzeitstagen Montag oder Dienstag getraut werden, sondern an
einem besonderen Tage, meist am Donnerstag, „da man Huren und Buben kopulieret
". Gotteslästerer mußten Kirchenbuße tun. Besonders streng waren die Vorschriften
der Sonntagsheiligung. Nach Landvogt Wallbrunns Befehl war seit 1749
am Sonntag in Egringen verboten: Bohnen brechen, Sensen und Sicheln dengeln,
Heu und Frucht abladen, Frucht holen, Mehl wegführen, Fleisch aus wiegen, Brot
oder Fleisch vor geendigter Abendandacht anderwärts hintragen, Gras mähen
oder Gras holen. Das letztere konnte vom Pfarrer auf Grund eines Antrages erlaubt
werden, wenn mehrere Feiertage hintereinander kamen, Regenwetter einfiel
oder ein anderer Notfall sich ereignete. Ebenso konnte der Pfarrer dem Müller
das Mahlen gestatten, wenn das Wasser einfriert oder ,,allzuklein" wird. Bei Hochzeiten
, Taufen und Beerdigungen sollten die häuslichen Feiern aus Gründen der
Sparsamkeit möglichst schlicht gehalten werden. Nach Wallbrunns Anordnung
durfte Fremden und über Feld kommenden Hochzeitsgästen zu ihrer Erquickung
zwar etwas gereicht werden, sonst aber sollten die üblichen „Morgensuppen"
gänzlich abgestellt werden. Auch das Schießen sollte durchaus nicht gestattet
werden. Ebensowenig war es erlaubt, daß die Gäste über die Zeit im Hause
blieben. Bei der Taufe waren seit den Tagen der Reformationseinführung nur
2 Paten und 2 Patinnen erlaubt, seit 1745 mußte für jeden weiteren Paten 30 krz
als Taxe an das Waisenhaus in Pforzheim bezahlt werden. Eine stärkere Zunahme
der Patenzahlen beginnt in Egringen erst im 19. Jahrhundert. Ab 1761 darf jährlich
nur einmal eine Patenschaft übernommen werden. Auch für Onkel und Tante,
Schwager und Schwägerin der Eltern des Kindes mußten, wenn sie zusätzliche
Paten waren und eingeladen wurden, eine Taxe bezahlt werden. Wenn an einem
Sonntage das Heilige Abendmahl gehalten wurde, so durfte in Egringen ab 1749
in der Woche vorher und nachher kein Tanz gehalten werden. Von 1756 an wurde
bestimmt, daß nur auf die Lösung von Tanzzetteln hin, die dem Pfarrer vorzuzeigen
waren, das Tanzen erlaubt sei9. Der Ertrag der Tanzzettel von 1 Gulden kam
ebenfalls dem Waisenhaus in Pforzheim zugute. Verboten oder zum mindesten
eingeschränkt war im 18. Jahrhundert neben dem Schießen bei Hochzeiten auch
dasjenige am Jahreswechsel, ebenso die Verteilung von Speisen an singende
Schulkinder bei Taufe und Hochzeit, die Begleitung von Hochzeitspaaren durch
Musik in die Kirche, das Sammeln von Backwerk an Neujahr und Ostern durch
die Kinder, das Anzünden von Johannesfeuer mit Scheibenschlagen, das Zusammenkommen
in Kunkel- oder Spinnstuben mit Ausnahme naher Nachbarn,
und dieses war auch hierbei nur mit Ausschluß der Männer erlaubt. Das Kegeln
war Sonntagabends nach 5.00 Uhr gestattet. Zweifellos lag bei manchem dieser
Volksbräuche die Gefahr einer Übertreibung nahe. Aber statt sie auf dem Verordnungswege
in geordneten Bahnen zu erhalten, verbot man sie ganz. Sicherlich
ist darum diesem an sich gut gemeinten Übereifer auch manch wertvoller und
charakteristischer Volksbrauch zum Opfer gefallen, abgesehen davon, daß diese
Verbote sich nicht für immer durchsetzen ließen.

Welches waren nun die Mittel, mit denen die markgräfliche Zuchtordnung auch
in Egringen aufrechterhalten wurde? Die Kirchenratsinstruktion von 1797 bestimmte
, daß zunächst jeder, der sich irgendeinen Verstoß gegen die Sittenordnung
hatte zuschulden kommen lassen, vom Pfarrer, der darüber gegen jedermann
Stillschweigen zu bewahren habe, zu verwarnen sei. Nötigenfalls wurde die Verwarnung
wiederholt. War auch die zweite Verwarnung vergeblich, so hatte das
örtliche Zensurgericht zusammenzutreten. Es bestand zu Beginn des 18. Jahrhunderts
aus Pfarrer, Vogt, Almosenpfleger, einer Gerichtsperson und dem Schulmeister
, der das Protokoll dabei führte, doch war seine Zusammensetzung im
Laufe seiner langen Wirksamkeit mehrmaligem Wechsel unterworfen. Die Mit-

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