Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1960-01/0032
Gegenüber auf dem Platz des früheren Rathauses stand die Zehnttrotte. Mit
ihrem bekannten Trottstüble galt sie als die größte im Markgräflerland.

Noch mehr Abwechslung bot ein Blick auf den „stalten". So hieß noch vor
einem Jahrhundert der obere Teil der Wilhelmstraße. Auf ihm spielte sich das
kirchliche und politische Leben des Oberdorfes ab. Das alte bescheidene Pfarrhaus
oberhalb der Brücke war von dem dort recht steilen Weg durch eine hohe
Mauer mit Toreinfahrt getrennt. Der Gang des Geistlichen zur nahen Kirche
führte über die vielstufige, vom uralten Siegristenhäuschen überbaute Treppe
zum Kirchhof, vorbei an der bereits erwähnten ersten Behausung der Diakone.
Unmittelbar nördlich des Gottesackers erhob sich das „schlößlin". Uber lange
Zeiten hinweg diente es manchen Adeligen als „gesesse", damals den Herren
von Baden. Vielfach standen sie — wie die Herren von Blumeneck, Bärenfels,
Neuenfels und Habsperg — als Landvögte im Dienst der Herrschaft. Beim
„schlößlin" befand sich auch das Verwaltungsgebäude der „Landstände". Ihre
Mitglieder waren die Vögte als Vertreter der Gemeinden. Auf dem von Zeit zu
Zeit bei wichtigen Angelegenheiten einberufenen Landtagen hatten sie dem
Markgrafen gegenüber ein beachtliches Mitspracherecht, besonders im Steuer-
und Kriegswesen. Den „Landständen" gehörte auch ein im Gewann „Schießacker
" gelegenes Schützenhaus. In seiner Umgebung trat das „Badenweiler
Fähnlein", eine der 12 Kompanien des „Markgräfler Regiments", zusammen.
Dessen Obrist war nach der Wehrverfassung von 1618 Johann von Leubeifingen,
Amtmann der Herrschaft Badenweiler.

Dunkle Wolken verdüsterten den politischen Himmel, als Martinus Pergius
seinen Dienst in Müllheim voller Hoffnungen antrat. Er ahnte wohl nicht,
welch unsägliches Elend dem Dorf und seinen Bewohnern auf Generationen
hinaus bevorstand. In einer der dunkelsten Stunden — es war am 21. September
1634 — bat Stabhalter Hans Leininger, nachher Vogt der Gemeinde, in zwei
Eingaben „hochflehentlich um Gottes barmherzigkeitwillen" den Markgrafen
von Baden-Baden, dem von der vorderösterreichischen Regierung in Ensisheim
die Gegend nach ihrer Besetzung durch die Kaiserlichen zugesprochen war, um
Schutz und Hilfe für die „arme betrangte notleidende ubel verlassene und verderbte
underdhanen". Wie in den benachbarten Orten lägen auch hier alle
besseren Gebäude, „darinnen die habhafftesten underdhanen ihre Wohnung
gehabt", in Schutt und Asche. Zu diesen zählte auch das Pfarrhaus. Er bittet
inständig um Schutz für ihr Leben und verspricht, dem Kriegskommissar in
Neuenburg, der auch unserm Dorf hohe Kontributionen auferlegt hatte, das
Mögliche liefern zu wollen.

Wie durch ein Wunder blieb auch weiterhin das Diakonatsgebäude vor dem
Schlimmsten verschont. Jedoch dauerte es 30 Jahre, bis die geistliche Verwaltung
wieder einen Diakon anwies. Da der „Schulmeister" sich zeitweise nach
einer anderen Arbeit umsehen mußte *), unterrichtete jener die Knaben in seiner
Wohnung, die Mädchen in dem baufällig gewordenen Siegristhäuschen. Neue
Truppeneinfälle, diesmal von drüben über dem Rhein, machten bald wieder
jede Unterrichtstätigkeit unmöglich, so daß bis Ende des Jahrhunderts von
neuem die Stelle unbesetzt war. Nun machten sich aber doch, wenn auch langsam
, auf dem Gebiet des Schulwesens neue Ansätze bemerkbar. Der Visitationsbericht
von 1699 erwähnt sogar eine lateinische Schule in unserer Gemeinde.
Ihre Besucher waren zunächst nur zwei Knaben. Die Schülerzahl stieg rasch,
um so mehr als von Badenweiler infolge der Zerstörung der Burg (1678) immer

*) Nach den Aufzeichnungen im „Schulenbuch" des Pfarrers Jeremias Gmelin in
Auggen war es dessen Stiefsohn, der Bürger, Schuhmacher und Schulmeister Michael
Roßkopf zu Müllheim.

30


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1960-01/0032