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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 51
(PDF, 52 MB)
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einen hohen Stand. 1708 fiel bei Oudenar de in den Niederlanden abermals
ein gewaltiger Schlag gegen die Franzosen. König Ludwig wollte einlenken, aber
die Verbündeten waren gewillt, das europäische Gleichgewicht wieder herzustellen,
das Paris durch Krieg und Länderraub so gründlich gestört hatte. So mußte der
große Schlag mit Entschlossenheit und alier Kraft geführt werden. 1709 standen bei
Malplaquet (zwischen Valenciennes und Maubeuge) in der größten Schlacht:
des 18. Jahrhunderts 100 000 Verbündete gegen 90 000 Franzosen im Kampfe. Er
war äußerst blutig. Die Verbündeten verloren 23 000, die Franzosen 17 000 Mann.
Nun war Ludwig bereit, nicht nur das Elsaß mit Straßburg und
Lothringen, sondern auch Metz, Toul und Verdun herauszugeben
. Denn Frankreich war durch die großen Blutverluste in den fortwährenden
Kriegen erschöpft und kriegsmüde. Prinz Eugen riet zum Frieden:
das Reich wäre wieder im Besitz seiner alten Grenze und seines abendländischen
Ansehens gewesen. Aber was das Schwert erreicht hatte, das verdarben die Wiener
Räte mit ihren ewigen Verhandlungen. England und Holland trennten sich vom
Kaiserhaus. Die französischen Gesandten erreichten den Frieden von Utrecht
1713. Darin gewann Frankreich durch seine Diplomatie das Übergewicht.
So geschah das Unglaubliche: Das Reich ging nahezu leer aus. Aber
England erhielt von Spanien Gibraltar, das ihm verkaufte deutsche Truppen
erobert hatten, sowie die Erlaubnis zum Sklavenhandel nach Südamerika
und erlangte von Frankreich in Nordamerika die Länder um die
Hudson bai. Die Franzosen behielten Kanada und das
Mississippi-Becken. Unter dem Opfer von gutem deutschem
Blut wurde die Welt verteilt. Spanien erhielt unter Ludwigs
Enkel Philipp Spanien mit seinen Kolonien, also ein geschlossenes
Gebiet; der Habsburger Karl VI. mußte sich mit dem Besitz zerstreuter Länder
begnügen: die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel und
Sardinien. Sizilien erhält der Herzog von Savoyen.34)

Der deutsche Bauer erfaßt das Werk der „Friedensschlüsse" von Nymwegen,
von Ryswijk und von Utrecht, die alle dem Reich nur Verluste zugefügt hatten, mit
grimmigem Spott. Er gab ihnen den richtigen Namen und nannte sie „Nimmweg
, Reißweg, Unrecht".

Nun begann die Wiederaufrichtung des schwer darniederliegenden markgräflichen
Landes. Steuern wurden nachgelassen und Saatgut ausgeteilt. Aber die Verschuldung
an die Basler Bankhäuser drückte schwer. Die Herrschaften wünschten
eine Visitation; sie werde ergeben, „daß die meisten, auch die sonst wohlhäbig gewesenen
Leute, eine geraume Zeit her gleich dem Viehe von Gras und Salat haben
leben müssen, ja aller Orten kaum drei Haushaltungen vorhanden sind, so die
Woche hindurch noch einen Bissen rauh Brot zu genießen haben, zu dessen Erlangung
sie alles versetzen und verpfänden müssen".

Das letzte Kriegsjahr brachte Müllheim wieder in große Not, als die Franzosen
unter Marschall Villars Freiburg belagerten, dessen Besatzung sich aber
tapfer wehrte. Vom 20. September bis zum 16. November dauerte das Ringen, das
mit der Übergabe endigte. Die ganze Umgegend mußte die Belagerungsarmee
ernähren. Viele Einwohner waren wieder auf der Flucht. So heiratete 1710 der
Müllheimer Appolinaris Petri die von Bettingen stammende Margreth Schuhpin,
wie schon 1702 der Auggener Georg Kaufmann die Verena Wahlin von Bubendorf
im Baseler Gebiet geehelicht hatte.

Es war das letzte Zeichen einer leidvollen Vergangenheit von 100 Jahren, das
als „kriegserfülltes Jahrhundert" bezeichnet werden darf. 1715 zog
die französische Besatzung von Freiburg ab.

34) Hermann Stegemann, Der Kampf um den Rhein.

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