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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 103
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0105
Die Einwanderung von Schweizern nach dem

Dreißigjährigen Krieg

Die Namen aus den Müllheimer Kirchenbüchern

Von Karl Seith

Das ganze Markgräflerland bot nach dem Dreißigjährigen Krieg ein Bild der
Verwilderung und des Elends, da das Feld nicht mehr bebaut werden konnte, da das
Getreide auf dem Halm von den Reitergeschwadern verfüttert wurde, Haferrationen
immer wieder nach den Plätzen Hüningen, Breisach und Freiburg zu liefern waren,
Kontributionen das Letzte abforderten, so daß das Land bei Basler Kapitalisten und
Bankhäusern große Summen aufnehmen mußte und so in Schulden geriet, daß auch
„das Kind im Mutterleib" noch daran zu leiden haben werde. Der Wald hatte seine
Samen ins Kulturland gestreut, so daß Gebüsch und „junges Gebäume" dort Boden
gefunden hatten und herrlich gediehen. In den Dörfern zerfielen die Häuser, so weit
sie nicht verbrannt worden waren; viele Bewohner kehrten aus den Fluchträumen
der Schweiz nicht mehr zurück, da sie dort durch Heirat oder als Handwerker ein
Unterkommen gefunden hatten. So fehlte es überall an Menschen. Zwar nicht so wie
im nahen Gallenweiler. Dieses Dorf war völlig menschenleer - eine Einöde auf
gutem Boden.

Das menschenarme Land schrie nach menschlicher Kraft. Das erfuhren auch die
Schweizer aus dem Munde der Flüchtlinge, die immer wieder die Gastfreundschaft,
die Unterstützung und den Schutz der Stadt und Landschaft zuhilfe rufen mußten
und sie immer wieder erfuhren. Hinzu kam noch ein Strom von Flüchtlingen aus
der Schweiz, die den eidgenössischen Boden verlassen mußten und sich auf beiden
Seiten des Rheins eine neue Heimat suchten. Der Grund war ein fehlgeschlagener
Bauernaufstand des Jahres 1653, der in Bern, Solothurn, Luzern, Zürich
und Basel ausgebrochen war. Es war der „Leuenberger-Aufstand", so genannt nach
dem führenden Mann. Im Entlebuch hatte er begonnen, aus den Herrschaftgebieten
waren die Unzufriedenen an die Tagungsorte gekommen, wo die Forderungen an
die Stadtregierungen aufgestellt wurden. Ein Bund des Volkes stand gegen die
Städte des Adels und der reichen Patrizier, die die Regierungsstellen in Händen hatten
. Durch sie wurden die alten geheiligten Rechte der Bauern mehr und mehr beschnitten
. Es war der Geist des Absolutismus, der von Frankreich her auch in das
Bundesgebiet der Eidgenossenschaft eingedrungen war und in den Städten seine Anhänger
gefunden hatte. Auf dem Kirchhof von Herzogenbuchsee entschied sich das
Schicksal: die Bauernheere unterlagen, und das Strafgericht folgte durch Hinrichtungen
, Vermögenseinziehung, Verbannungen. Wer konnte, entzog sich der Bestrafung
und verließ das heimatliche Land.

Der andere Grund war die Vertreibung der Wiedertäufer, vor
allem im Staate Bern. Dieser Befehl traf alle, die der Taufbewegung anhingen. In
Gruppen zogen sie dahin, bestrebt, beisammen zu bleiben oder nachzufolgen. Entschlossen
schüttelten sie den eidgenössischen Staub von ihren Füßen; dem Festhalten
an ihrer Täufergesinnung opferten sie alles. Sie lebten in ihren großen Familien
nach dem Wortlaut der Bibel, lehnten Ansprüche des Staates auf Waffendienst ab,
stellten sich auch den widerchristlichen Maßnahmen der Obrigkeit entgegen. Sie
verstanden den Ackerbau aufs hervorragendste, da dieser Beruf von Gott eingesetzt
und der erste war. Sie waren aus der unbedingten Pflicht zur Wahrhaftigkeit die
besten Steuerzahler und pünktlich in der Lieferung der Abgaben. Den Pfarrstand
lehnten sie ab; der Hausvater spendete seiner Familie das Abendmahl; er legte auch

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