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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 104
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0106
das Bibelwort aus, so weit nicht der Prediger die Höfe der Taufgesinnten von Zeit
zu Zeit aufsuchte. Zwar sollten die Täufer nach kaiserlichem Mandat von allen
Obrigkeiten des Reiches vertrieben werden. Aber die Vorteile, die den Herren durch
die Täufer erwuchsen, waren doch so beträchtlich, daß es viele vorzogen, das Mandat
nicht zu befolgen. Vor allem waren es die der Reformation anhangenden Fürsten
und Länder: Brandenburg, die Pfalz, die Niederlande. Auch die Vereinigten
Staaten von Amerika boten den Täufern eine neue Heimat und die Freiheit des
Glaubens. Selbst katholische Fürsten hielten diese Untertanen, wie z. B. der Bischof
von Basel.

Wenig ins Gewicht fielen zum dritten die Deserteure der Schweizer
Kompanien, die in kaiserlichem Sold im hinteren Wiesental standen;
sie heirateten hier und ins evangelische Gebiet und wurden seßhaft.

Wie aber ging die Verschmelzung vor sich?

Sprachlich lag kein Hindernis vor. Die alemannische Mundart einigte Eingesessene
und Zugewanderte. Kirchlich war die Vereinigung schon schwieriger.
Wenn die Kirchenbücher die Einwanderer als „Calvinisten" bezeichnen, so übersieht
der Pfarrherr den Unterschied des Bekenntnisses zwischen dem Genfer
Reformator und dem Zürcher Zwingli. Was an Schweizern hereinkommt, ist
Zwinglischer Richtung. Lutheraner aber sind die Markgräfler
seit 1556, als sie zur Reformation Martin Luthers übertraten. Jetzt tritt der
Glaubensunterschied scharf zutage, nämlich in der Abendmahlsformel. Die
lutherische Lehre sagt: „Das i s t mein Leib" und „Das i s t mein Blut", Zwingli
legt aus, daß das Brot Christi Leib bedeutet und ebenso der Wein das Blut
des Herrn. Nach einiger Zeit gewahren wir die „Bekehrung", bei Eingeheirateten
immer; sie treten nach, einigen Stunden der Belehrung zur Landeskirche
über. Aber es gibt auch Fälle, daß die Bekehrung hartnäckig abgelehnt
wird; die Beerdigung erfolgt dann sang- und klanglos, während sonst immer ein
„Sermon" (Biblische Ansprache und Gebet) die Trauernden tröstet und ihre
Gedanken auf das ewige Leben richtet.

In bürgerlicher Hinsicht treten sie in die Ortsgemeinde als „H intersassen"
ein, sie können kein Eigentum erwerben und zahlen ein „Schutzgeld", dürfen aber
ihr Handwerk ausüben. Nach einiger Zeit werden sie eingebürgert durch Entrichtung
der durch die Gemeinde festgelegten Taxe und der Stellung eines Feuereimers
. Bald erblicken wir sie in den Gemeindeämtern oder als Helfer in kirchlichem
Auftrag.

Im Einzelnen sehen wir deutlich in den Gang der Verschmelzung herein: Wo
Witfrauen eines verstorbenen Handwerksmeisters sind, findet der Schweizer Handwerksgeselle
leicht eine Unterkunft und durch Heirat ein Heim, und wo verwitwete
Männer die Frau missen, da kommt die Schweizer Magd leicht in Arbeit und Brot
und wird als Frau angenommen. Andere ziehen von Ort zu Ort und suchen nach
dem ihnen geeigneten Platz. Minderjährige werden meist als Hirten verwendet,
hüten am Tag das Vieh ihres Meisters und scheuchen bei Nacht das äsende Wild
von den eingehagten angebauten Äckern und den Matten. Neben den Handwerkern
finden sich auch die hausierenden Händler ein; sie suchen für ihre Schleifsteine
oder ihre Glaswaren die Abnehmer. Denn den Haushaltungen fehlt gar vieles, was
sie einst besaßen. Der vergangene Krieg hat ihnen alles geraubt oder zerstört, und
die folgenden französischen Kriege vollenden das kaum mühsam Aufgebaute. Obwohl
abermals Basel und die Schweiz das rettende Asyl für die Markgräfler bilden,
kehren immer wieder die eingewanderten Schweizer als markgräfliche Untertanen
in die neuerworbene Heimat zurück.

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