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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 138
(PDF, 52 MB)
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treten. In dieser Eigenschaft wurde er nach Jahren von der niederländischen Regierung
mit einer wichtigen Mission in Ostindien betraut. Nach seiner Rückkehr nach
Holland erhielt er im April 1848 Heimaturlaub. Die badische Regierung suchte um
diese Zeit, als die Bewegung in Südwestdeutschland einen bedrohlichen Charakter
annahm, einen erfahrenen Offizier und zugleich in politischen Dingen bewanderten
Mann. Sie warf ihren Blick auf den vielfach empfohlenen General v. Gagern. Seine
Ernennung soll Hals über Kopf erfolgt sein. Nach der Darstellung des Historikers
Heinrich v. Andlaw erschienen eines Tages plötzlich zu Karlsruhe ein paar badische
Abgeordnete vor dem Bette des Staatsrats. „Man drang mit so unanständiger
Heftigkeit in den Großherzog ein, seinen Bruder, den Markgrafen Max von dem
Kommando des Badischen Korps zu Gunsten Gagerns zu entfernen, daß Prinz
Friedrich von Baden, welcher anwesend war, sich veranlaßt gesehen habe, unter
tadelnden Worten die Sitzung zu verlassen und keiner weiteren Staatsministerial-
sitzung mehr anzuwohnen." Derselbe Historiker bezeichnet Gagerns Ernennung
zum Kommandanten des Badischen Korps als einen der größten Mißgriffe, den die
badische Regierung begehen konnte; die bei den badischen Offizieren hervorgerufene
Mißstimmung sei nur zu erklärbar gewesen. (In den späteren Jahren wurde Gagerns
Leiche auf dem Müllheimer Friedhof exhumiert und in seiner Heimat beigesetzt.)

Während Müllheim von dem Hecker-Zug nur von ferne gestreift war, geriet es
um so mehr in den Struve-Putsch im September 1848. Am 21. September 1848 überschritt
der Mannheimer Advokat mit einigen Anhängern die Grenze bei Basel und
rief in Lörrach die Deutsche Republik aus. Am nächsten Tage erschien in Müllheim
als Vorbote Struves einer seiner Anhänger, Friedrich Neff. Dieser war ein
gebürtiger Markgräfler; er stammte aus Rümmingen, wo er als Sohn eines vermöglichen
Küfermeisters geboren war. Neff besuchte die höhere Bürgerschule in
Lörrach, wurde auf Wunsch seines Vaters Küfer, bereitete sich aber später in Aarau
in der Schweiz bei dem Pfarrer Zschokke auf das Universitätsstudium vor. Nach
dem Besuch der Universitäten Freiburg, Tübingen, München und Basel geriet er in
Lörrach in die von Struve geführte Volksbewegung. Er wird geschildert als „ein
schöner Mann mit deutschem blonden Bart und langen Locken, die auf die Schultern
fielen".

Am 22. September faßte Neff also den Plan, die Staatskasse in Müllheim
zu nehmen. Da er aber glaubte, dazu zu wenig Leute zu haben, machte er
noch einen Abstecher nach A u g g e n , um dort Freiwillige zu gewinnen. Trotz
des Widerstandes der Auggener „Geldsäcke" gelang ihm das auch. In seinem Buche
„Mein Antheil an der zweiten Schilderhebung des badischen Volkes im September
48" berichtet er: „In Müllheim angelangt, sprangen uns die besten der dortigen
Bürger freudig entgegen und jubelten uns ihren Gruß zu. Unter diesen Bürgern
kannte ich namentlich: Thomen, Breitenstein, Diethelm, Koger, Weiß u. a. m. Ich
sagte den Bürgern im Vertrauen, was ich vor hätte, nämlich die dortige Kasse zu
nehmen. Sie rieten mir davon ab, keiner wagte es nur, uns bis zu der Stelle, wo der
Schatz lag, zu begleiten. Ein fünfzehnjähriger Knabe, der auch die nächsten Tage
seine treue Anhänglichkeit an die republikanische Sache bewies, mußte uns den
Weg zeigen. Mit etwa 40 Mann marschierte ich auf die Obereinnehmerei los und
umzingelte sie. Als ich von dem Obereinnehmer die Kasse verlangte, bat er sich
nichts als eine Quittung aus, was ich natürlich bewilligte. Als Urkundsperson kam der
Bürgermeister Heidenreich selbst. Auf meine Anfrage, was er zu
diesem Kassensturz sage, anwortete er: „Ich füge mich der Gewalt". Da mußte ich
heimlich lachen, denn meine Gewalt war sehr klein. Schnell schafften die Leute
Kistchen nach Kistchen herbei, und wir brachten so etwas über dreitausendvierhundert
Gulden zusammen. Zum Zählen des Kleingeldes hatte ich keine Zeit. Ich
nahm dieses auf eine ungefähre Schätzung hin . . ."

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