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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 148
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0150
Ein Schriftstück vom 9. September 1728 spricht von acht in Müllheim ansässigen
Judenfamilien. 1738 werden folgende jüdische Einwohner in Müllheim aufgezählt:
Paul Zivi, Chaulle Zivi, Jakob Zivi, Isak Zivi, Heimann Mayer,
Jakob Mayer, Isak Mayer, Israel Mayer, Jakob Schwab (er unterzeichnete
ein Schriftstück vom Jahre 1717 betr. Wiederbenützung des israelitischen
Friedhofes von Sulzburg, wo bis 1850 die Juden Müllheims begraben wurden),
Jakob Bloch, Elias Bloch, Isack L e v i, Löwel L e v i, Paul L e v i,
Moses B i c k e r t, Salomon Geismar.

Die Juden hatten jährlich 25 Gulden Schutzgeld (im benachbarten
Sulzburg 30 Gulden, in den größeren Gemeinden Emmendingen und Lörrach
40 Gulden) zu bezahlen.

Um ein Bild der wirtschaftlichen Lage der Juden in Müllheim um diese Zeit zu
gewinnen, ist es nicht uninteressant, auf folgende Tatsache hinzuweisen. Als im
Jahre 1727 das Land anläßlich der Vermählung des Erbprinzen einen „Beitrag"
von 100 000 Gulden aufzubringen hatte, zog man auch die Juden hierzu bei. Sämtliche
Ämter hatten die Befugnis, eine Erhebung der Vermögen der Juden zur Bestimmung
der Unterlagen auszuführen. Das Oberamt Müllheim3) berichtete damals,
die Juden hätten zusammen 6225 Gulden, die zumeist in Aktivschulden, d. h. ausstehenden
Forderungen bestehen. Es sei daraus ersichtlich, daß die Juden „wenn sie
auch nicht gerade Reichtümer besäßen, durchgängig Vermögen besitzen". Ob alle
Forderungen einbringlich waren, verschweigt allerdings der Bericht. Aber im
großen und ganzen war ihre wirtschaftliche Lage wie auch diejenige der übrigen
Bevölkerung in diesem Kriegsjahrhundert schlecht. Ganze Aktenbündel behandeln
die Gesuche der Juden um Herabsetzung der drückenden Schutzgelder. Die Herrschaft
zeigte vielfach ein geneigtes Ohr und willigte dazu ein.

Im Jahre 1754 wurde die erste Synagoge erbaut, nachdem vorher der Gottesdienst
in einem Privathause abgehalten worden war. „Es habe der Paul Zivi etlichemal
bei Krankheiten und Gefahr Gelübde getan, daß auf seine Kosten eine öffentliche
Synagoge für die Müllheimer Juden erbaut werde."4) Der Gottesdienst wurde
bis 1783 vom Vorsänger Schmaje Samuel, nachher von Hirschel Bicken und 1798
von Moses Hayum geführt. Dem Hirschel Bickert wurde 1796 die Entrichtung des
Schutzgeldes erlassen, nachdem er sich verpflichtet hatte, „die herrschaftlichen Speicher
unentgeltlich von Mäusen zu säubern." In einem 1801 erstellten Verzeichnis der
Judenschaft von Müllheim5) wird denn auch Hirschel Bickert, der mit Frau und
drei Kindern in Müllheim lebte, beruflich als „Mausfänger" aufgeführt. Ein Vermögen
besaß er nicht.

Der Sulzburger Rabbiner Isack Kahn (gestorben 1797 in Sulzburg)
hatte als „Rabbiner der oberländischen Judenschaft", wie sein offizieller Titel
lautete, Amtsbefugnisse in Müllheim. Dies geht aus einem im Stadtarchiv von Müllheim
vorhandenen Diätenzettel vom 13. Februar 1753 des besagten Rabbiners hervor
. Rabbiner Kahn von Sulzburg erstattete auch ein Gutachten anläßlich der Erbauung
der Synagoge von Müllheim. Bezüglich der Stellung des Rabbiners in diesen
alten Judengemeinden müssen wir uns folgendes vor Augen halten: Die Juden einer
Stadt bildeten bis spät ins 18. Jahrhundert nicht bloß eine Religionsgemeinschaft wie
später im 19. Jahrhundert, deren Mittelpunkt die Synagoge war, sondern in kommunaler
und rechtlicher Beziehung eine eigene Gemeinschaft. Die Judengemeinde
stsind^ von den städtischen Beamten eximiert, unter eigener Obrigkeit und vielfach -

s) Akten GLA 74/3768 Baden-Generalia: „die bey des Herrn Erbprinzen hochfürstl. hohe
Vermählung auf die gesambte Judenschaft gelegte extraordinary Beysteuer".

4) Akten im Landratsamt Müllheim. X. Kirchen- und Religionsgemeinschaften. Die Erbauung
der Synagoge 1753.

s) GLA 74/3691 Kurbad. Markgrafschaft. Judenrechte. Die Organisation der Juden.

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