Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-02/0044
An Festtagen im Markgräflerland staunen die Gäste des weiteren Umkreises
auch heute noch über die große Gastfreundschaft und die vielseitigen Genüsse auf
einer Markgräfler Festtafel, wozu der Markgräfler Wein und das Markgräfler
Kirschwasser gehören. Wenn Käse verschiedener Art in unserer Nachbarschaft über
dem Rhein auch nach jedem Essen angeboten wird, so ist das bei uns nicht der Fall,
obwohl viel Käse gegessen wird. Inzwischen darf schon lange der Bohnenkaffee
nach einem Festessen nicht fehlen. Die Kinder bekommen „Sprudel" anstatt der
köstlichen Beerensäfte. Ab und zu wartet im Winter noch eine Hausfrau mit eigenem
Likör auf aus schwarzen Johannisbeeren, grünen Nüssen, Pfefferminze, Quitten
oder auch Eiern auf. Aber wer getraut sich noch heute das anzubieten?

An Festkuchen hat die Linzer-, Brüsseler-, Mailänder-, Makronen-, Bisquitt-,
-guß, Jägertorte und wie sie alle heißen, meistens den Platz behauptet. Bleche
stehen in allen Größen zur Verfügung, aber nicht mehr in so verschiedenartigen
Formen wie einst. Fleisch, Wurst, Käse und Gemüse werden heute in großer Auswahl
angeboten zum täglichen Mahl. Aber wie manche Hausfrau hat schon längst
nicht mehr die Zeit, leider oft auch nicht die geringste Lust, im Garten zu pflanzen
und zu ernten, einzukochen und selbst zu backen, weil viele in Fabrik, Geschäft und
Büro dem Verdienst nachgehen. In den Geschäften gibt es alles fix und fertig in
Dosen und Frischhaltepackungen, Fleisch, Wurst, Käse, Gemüse, Milch und Säfte,
und die Poesie des Kochens hat ein großes Loch bekommen, wenn auch eine rechte
Frau und Mutter für Mann und Kinder wie für die Gäste das Beste, je nach dem
Geldbeutel, auf den Tisch bringen wird.

Am Morgen gibt es Kaffee wie zum Nachmittag. Abends oft Schwarztee, Wein
oder Bier. Suppen ißt man oft nicht mehr und gebackene Dinge dazu sind selten
geworden. Das Brot, das früher die Bauersfrau selbst bereitete, wird oft vom Bäcker
gebacken für sie, weil ihre Zeit wirklich nicht ausreicht. Aber was für ein Unterschied
zwischen luftigem, herzhaftem Bauernbrot und dem des Bäckers! Seltener
wird die „Waihe" mit Eiern, Rahm, Speck oder Zwiebeln gebacken und warm vom
Schüßel gegessen, die ehrwürdige feierliche Handlung des Brotbackens. Das Brot
ist heute noch das A und O für jeden Haushalt. Die Preßhefe dient zum Treiben
des Hefekuchens und des Brotes. Die im Teig enthaltenen Luftbläschen treiben diesen
auseinander, er geht auf, und das Gebäck wird locker und bekömmlich. Bis in
unsere Zeit benutzte man noch oft zum Treiben den Sauerteig beim Backen von
Bauernbrot. Von dem mit diesem bereiteten Brotteig gab man nach dem Aufgehen
in das „Hebischüßeli". Diese „Hebi" stellte man nach nochmaligem Gehen kühl und
trocken und sie blieb frisch bis zum nächsten Backtag. Da mußte zunächst am Abend
vorher mit dem in warmem Wasser aufgelösten Sauerteig der Vorteig mitten im
vorgerichteten und angewärmten Mehl in der Backmulde gemacht werden. Diese
wird im Winter an oder unter den warmen Kachelofen vorher schon gestellt und
die „Hebi", der Vorteig, mit wenig Mehl in einer Vertiefung angemacht. Bis zum
Morgen ist der Vorteig aufgegangen, und nun muß mit handwarmem Wasser und
dem nötigen Salz das ganze Mehl mit dem Vorteig tüchtig verschafft, geknetet und
geschlagen werden. „Will in di, will an di, will di bumbernelle bis dir dr Buuch
duet schwelle" sagt ein lustiges Sprüchlein. Wenn der Teig Blasen wirft und tüchtig
glatt geschafft ist, wird er mit Mehl bestäubt. Das „Zeichen", ein Klümpchen Teig,
wird etwa vier Finger breit oberhalb des Teiges an die Backmulde geklebt zum
Zeichen wie hoch der Teig aufgehen muß. Man knetet ihn oft ein zweites Mal „herunter
" und läßt ihn nochmals gehen. Das soll dazu beitragen, daß das Brot im
Sommer nicht sauer wird, weil man auf Vorrat bäckt. Ein Schuß Essig ins Teigwasser
soll dies auch verhindern. Nie aber vergaß eine alte Frau, indem sie ihre
Lippen bewegte, in den fertig gekneteten Brotteig in der Backmulde der Länge nach
und dann quer mit der Handkante einzudrücken, daß es aussah wie ein Kreuz.

42


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-02/0044