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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1963-01/0023
Hier muß ich noch bemerken, daß mir überhaupt in der Bibelstunde bei Stern
ein neues Licht aufging. Da hörte ich als 18 jähriger Jüngling zum
erstenmale von einem Sünderheilande, der die Sünder liebt, der gekommen ist, die
Verlorenen zu retten und selig zu machen, da hörte ich zum erstenmal, daß wir,
nur durch den Heiland, als arme Sünder zum Vater kommen und selig werden
können, ich lernte mich dem Heiland in die Arme werfen, ich lernte beten, ich
suchte im Umgang mit ihm alle meine Sorgen und mein Anliegen ihm ans Herz
zu legen, und wenn ich dereinst am Ende meiner Laufbahn in Gnaden vor Gottes
Thron angenommen werde, so ist es Stern gewesen, dem ich dieses höchste aller
Güter zu verdanken habe.

Bei der Abgangsprüfung bekamen wir als Aufsatz das Thema: „Ohne mich
könnt ihr nichts thun". Es bestand damals die Übung, daß die drei besten Aufsätze
von ihren Verfassern vorgelesen wurden; ich war einer der drei Glücklichen, doch
sorgte Stern in seiner Erziehungsweisheit schon dafür, daß die Bäume nicht in den
Himmel wuchsen, indem er sagte, als er uns die drei nannte: „Ihr werdet Euch
wundern, wer diesmal die besten Arbeiten geliefert hat, es sind Zöglinge, die sonst
nur Mittelmäßiges leisteten."

Als ich am Prüfungstage meine Arbeit vorgelesen hatte, stellte sich der damalige
Director des Oberkirchenrats, Herr Baumüller, der mit Sterns religiösen Grundsätzen
nicht einverstanden war, mir gegenüber und redete mich barsch an: „Ja, ja,
da legt man die Hände in den Schooß, schaut zum Himmel hinauf und sagt, lieber
Gott, laß jetzt Brot vom Himmel fallen; nicht wahr?" Ich fand nicht den Mut,
etwas zu entgegnen, Stern übernahm meine Verteidigung, ich weiß aber nicht mehr,
wie er dies that.

Mit dem Zeugniß: Fleiß lobenswert, Betragen untadelig wurde ich entlassen
und als Unterlehrer nach Köndringen beordert, Ostern 1844. Die Stellen durften
wir damals selbst wählen, wir wurden mit den freien Stellen bekannt gemacht, dann
wählte sich jeder, was ihm gefiel, schon im nächsten Jahre bestand diese Übung
nicht mehr. Andere Noten gab es damals nicht.

In Köndringen hatte ich das Glück, zu einem tüchtigen Schulmanne, Wanner,
zu kommen, dem ich vieles zu verdanken habe, namentlich was die Praxis anbelangt.
Was mein Leben in Köndringen anbelangt, so kann ich nur sagen, daß ich 135 fl
Gehalt hatte, ein sehr einfaches, stilles und zurückgezogenes Leben führte, Nebenverdienste
hatte ich keine, Zuschuß von zu Hause kam wenig, da läßt es sich denken,
daß ich die meiste Zeit zu Hause war. In der freien Zeit bildete ich mich in der
französischen Sprache weiter aus, trieb Mathematik und fieng an, deutsche Klassiker
zu lesen, Schiller, Goethe, Klopstock, Herder, von deren Vorhandensein, höre
und staune, ich jetzt erst Kenntniß bekam. Pestalozie und andere Pädagogen
waren mir ebenfalls unbekannte Größen.

Von Köndringen ist mir noch meine erste Conventsarbeit in Erinnerung. Es
war die Aufgabe: die wichtigsten Ereignisse aus dem alten Bunde als Vorbereitung
des Heils. Diese Arbeit machte meinem damaligen Hauptlehrer, der ein tüchtiger
Prediger war, aber kein Seminar besucht hatte, unendlich viele Sorge und Mühe,
er lief von dem Einen zum Andern, unterredete sich mit dem und jenem, schaffte
Bücher an, las und studierte, an den jungen, stillen Unterlehrer, daß dieser am Ende
auch etwas wissen möchte, dachte er nicht. Mir war diese Arbeit jedoch ganz leicht,
da war ich ja in meinem eigentlichen Elemente, da durfte ich jetzt ja nur die
Früchte meiner Arbeit und meines zweijährigen Unterrichts, den ich von Stern
erhielt, ernten. Und wirklich hatte ich die Freude, daß der Herr Decan und Schul-
visitator Sehringer mehrere Stellen am Convente aus meiner Arbeit vorlas.

Im Jahr 1847 kam ich als Hilfslehrer zu meinem damals kranken Vater nach
Weisweil. Als er wieder so weit hergestellt war, daß er seinen Dienst wieder
besorgen konnte, wurde ich verfügbar, ich hatte die Wahl, als Unterlehrer nach

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