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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1963-01/0024
Heidelberg zu gehen, oder als Unterlehrer in Weisweil zu bleiben. Ich zog die
letztere Stelle vor, und so kam der Unterlehrer von Weisweil, Peter, nach Heidelberg
, was für sein späteres Fortkommen von großem Nutzen war, er fand dort
Gelegenheit, sich weiter auszubilden, kam dann an die höhere Töchterschule nach
Karlsruhe, wo er seit vielen Jahren heute noch mit dem Titel Reallehrer wirkt.

Unbesonnen stürzte ich mich während der Revolutionszeit in den Jahren 1848
und 1849 in die Reihen der Umsturzmänner, las im Gesangverein den von einem
auch toll gewordenen Lehrer redigierten sogenannten Volksführer vor, exerzierte
tüchtig mit als gewählter Unteroffizier auf der Gänswiese, that überhaupt vieles,
was ich heute, da ich dieses schreibe, schwer bereue, muß überhaupt schmerzlich
bekennen, daß mir damals leider viele der guten Grundsätze, die ich mir im Seminar
erworben hatte, verloren gegangen waren. Ich schwärmte für eine Sache,
für eine Freiheit, von welcher ich eigentlich wenig oder nichts verstand. Welcherlei
Art aber viele der Männer waren, die den Mund immer voll hatten, daß jetzt
die Zeit da sei, wo jeder Gut und Blut für die Freiheit des Vaterlandes als Opfer
zu bringen bereit sein müsse, davon nur zwei Beispiele, das eine, mich selbst betreffend
, das andere von einem Mitglied des Gemeinderats von Weisweil, einer der
ärgsten Schreier. Als der Befehl für die Freischaren kam, Freiburg zu besetzen und
kein Militär hienein zu lassen, wo man also wirklich zeigen konnte, daß man bereit
ist, sein Leben für das Vaterland zu opfern, da hatte ich nichts Eiligeres zu thun,
als nach Endingen zum Civilkommissar zu rennen, um dafür zu sorgen, daß ich als
unabkömmlich zu Hause in der Schule bleiben durfte, andern den Tod für das
Vaterland zu sterben überlassend. Das andere Beispiel: Zur Verproviantierung der
Festung Rastatt wurden in allen Gemeinden des Oberlandes Lebensmittel gesammelt
, besagter Gemeinderat und ich bekamen den Auftrag, die gesammelten Beträge
von der Gemeinde Weisweil in die Festung zu bringen. Ein Sohn dieses Gemeinderates
befand sich bei den Freischaren in der Festung. „Der muß mit heim", sagte der
Vater. Es war gerade Heuet, der Vater kaufte ihm einen Rechen und eine Gabel,
mit diesen Waffen auf der Schulter kam er als Heuer durch die Wachen aus der
Festung und mit uns nach Hause, seinen Kameraden die Sorge für das Wohl seines
Vaterlandes überlassend. Der Revolutionsschwindel ging vorüber ohne schlimme
Folgen für mich zu hinterlassen, wofür ich heute noch dankbar sein sollte, da viele
meiner Collegen damals um ihre Stelle kamen.

Im September3) 1850 verheiratete ich mich4) noch als Unterlehrer mit Anna
Mar. Götz, meiner jetzigen, mir immer noch treu zur Seite stehenden Ehefrau, der
Tochter des damaligen Bürgermeisters von Schmieheim. Dieser galt als ein reicher
Mann und wollte nichts von einer Verbindung seiner Tochter mit einem Unterlehrer
wissen, was ihm auch gar nicht übel zu nehmen war, meine Frau ließ sich aber
nicht mehr dazu bringen, das mir gegebene Wort wieder zurückzunehmen, sie
überwand alle Hindernisse und räumte alle Schwierigkeiten aus dem Wege, und
wir konnten endlich heiraten. Was sie da alles that, davon nur ein Beispiel: Eines
Nachmittags kam sie ganz allein den fünf Stunden weiten Weg von Schmieheim
nach Weisweil auf einem Gefährte mit einem jungen, dreijährigen Pferde gefahren,
mich zur Errichtung eines Ehevertrages abzuholen, der in aller Eile noch errichtet
werden mußte; und da Niemand sie führen durfte, fuhr sie selbst. Ich habe es nie
bereut, daß ich sie zur Lebensgefährtin bekam, Gott segnete mich und unsere
Kinder vielfach durch sie, ihrem Fleiß, ihrer Sparsamkeit, ihrer Geschicklichkeit
bei der Führung der Haushaltungsgeschäfte haben wir es nebst dem Segen Gottes
zu verdanken, daß wir so viel, 12000 Mark5), bei verhältnismäßig geringen Ein-

3) eingefügt: 24.

4) Randnotiz: in Weisweil

5) Randnotiz: aus dem Vermögen der Ehefrau

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