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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-02/0015
die Verwendung von Fischspeer i. w. S., Harpune und Giftstoffen, ersten netz- und
reusenähnlichen Geräten zugewiesen werden muß. Diese hier nicht näher zu begründende
, als These vorgetragene Auffassung entzieht sich in bezug auf einzelne
Komponenten dieses „Lichtfischerei-Komplexes" der Möglichkeit ihres archäologischen
Nachweises. Das organische Material von Fackeln, Netzen und Reusen ist
bei den klimatischen Verhältnissen unserer Breiten nur in weniger aufschlußreichen,
geringfügigen Resten erhalten; dagegen sind Harpunen- und Pfeilspitzen (naturgemäß
im allgemeinen ohne Schaft) reichlicher vertreten. Auf vollkommen hypothetischer
Basis bewegen wir uns, rechnen wir mit einer Verwendung von Giftstoffen
innerhalb der Fischerei auf Seen und langsam fließenden Gewässern bereits
in diesen prähistorischen Zeiten. Da eine Begründung unserer Auffassung zu einem
späteren Zeitpunkt erfolgen soll, sei hier nur auf einige ethnographische Parallelen
verwiesen.

Fischfang mit Giftstoffen war noch im Mittelalter in Europa weit verbreitet
(M. GreshofT, 1893, 1900, 1913) und kam noch um die Jahrhundertwende in der
Flußfischerei in Bosnien zur Anwendung (V. Curcic, 1912). Auch heute noch verwendet
die Eingeborenenbevölkerung Afrikas (Kongo) (A. Goffin, 1909; Brühl,
1913), Nord-, Mittel- und Südamerikas (S. Loven, 1924; E. Rostlund, 1952) betäubende
Gifte zum Fischfang. Lichtfischerei wird noch heute — sehen wir vom
südostasiatischen Raum ab — im ganzen mediterranen Gebiet geübt (vgl. F. Bartz,
1964, S. 371, 373), wenn heute auch im allgemeinen elektrische Lampen (Philipps,
1943, S. 233); A. Willer, 1943, S. 304) an die Stelle früherer Holz- und Kohlefeuer,
die auf dem Bootsdeck brannten (Kothaus, 1939, S. 3), getreten sind. E. Pretten-
hofer (1926, S. 104) erwähnt diese altertümliche Nachtfischerei im Scheine von
Fackeln von den Lagunen Sardiniens. Beim Aalfang (mit einer zahnbewehrten
Zange) befestigte der Fischer auf seinem Rücken ein Mais- oder Schilfrohr mit
einem Reisigbündel an seinem Ende, das als Fackel diente. Ähnliche Methoden beschreiben
M. L.Wagner (1908, S. 61) aus den Küstengebieten Sardiniens und F. C.
Mac-Gregor (1831, S. 170) von den Kanarischen Inseln. Leonardo Torriani11) berichtet
über die Fischerei der vorspanischen kanarischen Urbevölkerung: „Sie fischten
mit Lederschnur und Angel aus Ziegenknochen und machten die Netze aus
Gräsern und Palmen, in der Art jener, die man in den Flüssen der Lombardei
benützt, viereckig und an einer langen Stange hängend . . ."

Ähnliche Fischfangmethoden dürfen wir bereits für das Mesolithikum annehmen
, dessen Fischfanggeräte sich mit denjenigen heutiger zirkumpolarer Völkergruppen
(K. Birket-Smith12); E. Rostlund, 1952) vergleichen lassen. Noch in der
ersten, im wesentlichen durch den Ackerbau bestimmten Kultur des mitteleuropäischen
Neolithikums, der Bandkeramik, scheint dem Fischfang eine gewisse Bedeutung
zugekommen zu sein. In diesem Zusammenhang von Interesse ist der
Nachweis einer Harpune aus einer Abfallgrube der jüngeren Linearband-Keramik
vom Hochrhein (südl. des Klettgaudorfes Grießen, Kr. Waldshut), von der allerdings
nur das Bruchstück einer Basisplatte erhalten ist (E. Gersbach, 1956, S. 266 ff.).
Es handelt sich hierbei um den bisher ersten Harpunenfund innerhalb linearband-
keramischem Zusammenhang. E. Gersbach (1956, S. 268) führt diese Harpune auf
Einflüsse „spätmesolithischer Jäger-Fischer-Stämme" zurück, die „abseits der von
den Bandkeramikern unter Bodenkultur genommenen Flächen nomadisierten". Sie
zeigt, daß der Fischfang noch im Frühneolithikum von nicht geringer Bedeutung
war, nachdem er im Mesolithikum, mit dessen Azilien-Harpunen aus dem südwestdeutsch
-schweizerischen Raum sich das Bruchstück von Grießen vergleichen läßt
(E. Gersbach, 1956, S. 268 f.), neben der Jagd eine große Rolle im Wirtschaftsleben
der damaligen Völkergruppen spielte.

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