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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-02/0056
Pfarrer Molitor trägt als erstes vor: „Die Pfarrdienstbesoldung ist seit einiger
Zeit im Abgang. Mein Vorgänger hat sich mit nötigem Holz in die Haushaltung
auf dem ,Grien' des Rheines versehen können. Nun haben die großen Gewässer
solches alles hinweggeschwemmt, daß einem Kirchendiener (Pfarrer) kein nutz
daraus zu hoffen, muß er anderswo mit großer Ungelegenheit und Unkosten sich
beholzen." Antwort: „Die Vorgänger haben alles Holz bei der Herrschaft kaufen
und mit großen Kosten herfahren müssen. Das also muß dieser (Bittsteller) auch
tun."

Zum zweiten erwähnt Pfarrer Molitor, „daß zum Pfarrzehnten der kleine
Heuzehnten gehört. Nun ist auch der größere Teil der Matten weggeflözt. Die
übrigen haben die Bürger bei ziemlicher Anzahl umgebrochen, und zu Äckern
verwandelt. So ist der Heuzehnten des Pfarrers zum Fruchtzehnten des Prälaten
geworden". Antwort: „Niemand kann den Rhein aufhalten, muß ihm seine Bahn
lassen. Was er nimmt, das muß man lassen fahren."

Zum dritten weist der Bittsteller darauf hin, daß „der Obstzehnten von
Welmlingen zum Zehnten der Pfarrei" gehöre. „Nun aber ist das Obst durch
Winterfröst ganz verderbt. Ich schlage den Abgang auf 50 fl an." Antwort: „Wer
kann für Gottes Gewalt? Andere müssen des Obstes auch entraten, die es wohl so
gerne wie der Pfarrer haben möchten."

Offenbar konnte auch der Markgraf nicht immer helfen. Seltsamerweise wurde
ausgerechnet im Dreißigjährigen Krieg der Himmel für eine Weile hell. Das
Gehalt war wie auch nach dem furchtbaren Krieg rückständig geblieben. Da
erbarmte sich ausgerechnet der Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar und ließ
dem armen Pfarrer von Kleinkems durch seinen Kommissarius die Besoldung
von Johanni 1638 bis 23. März 1639 ausbezahlen.

In erwähnten Anschlag von 400 fl waren auch die eventuellen Einnahmen
des Pfarrers enthalten. Da sind für 1806 angeschlagen 4 fl für 2 kleine Geländer
im „Grien", aber diese sind überschwemmt. 1 fl 12 kr für Taufen: vorgenommen
wurden zwar sieben Taufen, dafür bekommen: von vieren nichts, von drei 24 kr.
Für eine Kopulation 1 fl 12 kr. Von vier Leichen: von dreien nichts. An
Geschenken: nichts, umgekehrt. Veranschlagt 40—50 fl von fremden Kommunikanten
. In Wirklichkeit: nichts! 10 fl für die Wohnung, aber keine Scheune.

Nur einmal haben die Pfarrer versucht, gerichtlich für ihre Kompetenzen
zu kämpfen. Und jetzt kommen wir zum Weinprozeß. Das ging folgendermaßen
vor sich (nur in kurzen Zügen beschrieben!).

Pfarrer der Gemeinde war damals Jakob Friedrich Kurz. Er war 1763 nach
Kleinkems gekommen. Als er immer kränker und kränker wurde, wurde er im
Jahre 1786 in den Ruhestand versetzt. Er war um diese Zeit gerade etwas über
81 Jahre alt. Zunächst wurde ihm zu seiner Unterstützung, dann als ganze Hilfe
der Vikar F. A. Mörstadt beigegeben. Der pensionierte Pfarrer Kurz erhielt zwei
Drittel des Einkommens, der Vikar wahrscheinlich e i n Drittel. Sowohl der
Schwiegersohn des alten Pfarrers, Pfarrer Stober in Obereggenen, als auch der
Vikar wachten sorgfältig darüber, daß dem alten Herrn seine Kompetenzen auch
richtig zukamen.

Nun geschah es im Jahre 1790, daß der St. Blasische Herbstinspektor dem
Kleinkemser Pfarrer als Rest seines Kompetenzweines 10 Saum Welmlinger anbot.
Sowohl Schwiegersohn als auch Vikar wurden stutzig. Hatte man dem alten Herrn
statt des traditionellen Kleinkemser und Blansinger Gewächses Welmlinger Wein
gegeben? „Nein, o nein", meinte der 85 jährige Pfarrer, „in den 26 Jahren, die
ich in Kleinkems Dienst tue, habe ich meinen Kompetenzwein von Kleinkems und
Blansingen aus der Zehnttrotte in Blansingen erhalten."

Schwiegersohn und Vikar trauten der Sache nicht. Pfarrer Kurz war zu alt,
als daß er sich noch in die Händel dieser Welt einmischen wollte. Und dann vor

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