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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-02/0057
allem: Hatte er nicht so etwas wie Angst vor dem Kollatsherrn, dem Abt von
St. Blasien? Da war nämlich, kurz bevor es zum Weinprozeß kam, eine
unangenehme Geschichte passiert, die der alte Pfarrer Kurz glatt geschluckt
hatte.

Nicht nur die Kirche in Kleinkems, sondern auch das Pfarrhaus befanden sich
in einem trostlosen Zustand. St. Blasien war für die Instandsetzung pflichtig.
Aber es ging lange, bis der Abt durch seinen Vertreter, den Probst Franz
Kreutter, Einblick in das defekte Pfarrhaus von Kleinkems nehmen ließ. Endlich,
am 25. November 1789, kam der Probst von Bürgeln. Von der Kirche meinte er:
„Die Decke ist tatsächlich faul und wurmstichig. Sie muß im nächsten Frühjahr
gemacht werden." Über das Pfarrhaus aber sagte er: „Den Pfarrhof fand ich als
eine alte wahre Laterne. Und ihn selber ein 80 jähriges Lichtstümphchen, welches,
menschlich zu urteilen, auch bald auslöschen wird. Ich gab demnach dem alten
Cremes gute Worte und Vertröstungen, daß ihm bald werde geholfen werden,
und ging davon."

Das war gar nicht schön, wie der Probst über den alten Pfarrer redete. Und
wenn der es sich gefallen ließ, dann war wohl anzunehmen, daß mit ihm etwas
nicht in Ordnung war. Aus diesem Grunde lehnten sowohl der Schwiegersohn wie
der Vikar das Anerbieten des St. Blasischen Weininspektors ab.

Dieser meldete das sofort dem Probst in Bürgeln. Pfarrer Stober als Sachwalter
und Betreuer seines Schwiegervaters legte Beschwerde ein beim Oberamt
Lörrach und sicher auch beim Probst. Der Abt von St. Blasien, vom Probst
benachrichtigt, wendete sich an das Oberamt in Lörrach mit der Bitte, den
Pfarrer von Kleinkems abzuweisen. Er solle sich begnügen. Jetzt aber ging
der Pfarrer zum Angriff vor. In einem ausführlichen Schreiben beschwerte
er sich über die Zumutung, statt des altgewohnten Kleinkemser und Blan-
singer Weins Welmlinger Gewächs annehmen zu sollen. Schon ein Vorgänger
— Pfarrer Butler — schrieb im Jahre 1749, es sei uralte Observanz, daß
der Pfarrer von Kleinkems seinen Kompetenzwein von Blansingen und Kleinkems
, die Fruchtkompetenz aber von Welmlingen bezog (weil es in Kleinkems
keine Frucht gab). Der Vogt Kromer von Blansingen könne es bezeugen, daß der
Pfarrer von Kleinkems sofort nach der Blansinger Pfarrei den Wein bekommen
habe. Außerdem seien noch genug Zehntträger am Leben, die das bezeugen
können. In keinem Kompetenzanschlag sei von Welmlinger Gewächs die Rede
gewesen. „Welmlingen ist um ein Viertel weniger als Kleinkemserwein."

Nunmehr aber rief auch der Probst seine Zeugen zusammen. Es waren dies in
der Hauptsache die Herbstinspektoren von Bürgeln, Keller, Vogelbacher und
Ruckmich. Es wäre jetzt jedoch wider alle Wahrheit, zu folgern: Ja, jetzt wissen
wir genau, was jetzt folgt. Diese Herbstinspektoren standen ja im Dienst des
Probstes, also sagten sie auch aus, was der Probst brauchte, nämlich das Gegenteil
dessen, was die Kleinkemser Zeugen aussagten. Nein, s o war es nicht. Wohl
standen diese Herbstinspektoren im Dienste des Klosters St. Blasien und wachten
peinlich genau darüber, daß das Kloster in den Gemeinden, die dem Kloster
zehntpflichtig waren, nicht zu kurz kam. Das aber erhöhte gerade den Wert ihrer
Aussagen.

In ihren Aussagen tritt Welmlingen, dessen Wein der Kleinkemser Pfarrer
ablehnte, viel deutlicher in die Erscheinung als in den Aussagen der Kleinkemser
Zeugen. Leider nicht einheitlich. Welmlingen herbste 8—10 Tage später als
Blansingen und Kleinkems. Oder: Alle drei Orte werden in Blansingen getrottet.
Oder: Kleinkems bekommt erst Wein, wenn Welmlingen schon trottet. Oder:
Manchmal werden alle drei Orte zusammen getrottet. Oder: Der Wein von allen
drei Orten wird zusammengeschüttet und nach St. Blasien gefahren. Diesen Aussagen
ist zu entnehmen, daß zwischen dem Welmlinger Gewächs und dem Klein-

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