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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1965-02/0018
Berichte nicht wissen, ist, wie sie dieses den Römern abgewonnene Land besiedelt
und ausgebaut haben, wann sie in die großen Urwälder eingedrungen sind, wie
sich also im Laufe der Zeit das heutige Siedlungsbild gestaltet hat. In diesem
Dunkel der Jahrhunderte, wovon nur selten und spät schriftliche Uberlieferungen
vorliegen, kann die Ortsnamenforschung Licht schaffen. Wir können heute mit
einer verfeinerten Methode nicht nur sagen, welche Namen alemannisch sind,
sondern — und das ist das Entscheidende — welche alemannische Namengruppe
etwa in die Landnahmezeit des dritten bis fünften Jahrhunderts gehört, welche
Namentypen der darauffolgenden Ausbauzeit zuzurechnen sind oder auf die
Christianisierung zurückgehen und welche Ortsnamen den großen Rodeperioden
des 11. bis 15. Jahrhunderts angehören. An Hand dieser sog. Leitformen können
wir tatsächlich in großen Zügen den Gang der Besiedlung vom 4. bis 15. Jahrhundert
miterleben. Außerdem ist es uns oft noch möglich, auf Grund der
Namentypen Aussagen zu machen über den Charakter der Siedlungen, ob es sich
also um Sippensiedlungen, Gruppendörfer oder Einzelhöfe gehandelt hat.

Es kann nicht Ziel dieser Ausführungen sein, eine exakte Siedlungsgeschichte
unseres engeren Heimatgebietes geben zu wollen, sondern es soll nur an einigen
oberrheinischen Beispielen aufgezeigt werden, wie eine richtige Siedlungsgeschichte
ohne Ortsnamenforschung heute undenkbar ist. Dazu wähle ich einige Namentypen
aus, um so in großen Zügen das siedlungsgeschichtliche Werden unseres
Gebietes seit der alemannischen Eroberung darzustellen.

Ausgegangen wird also von der Tatsache, daß im allgemeinen gewisse Namentypen
für bestimmte Siedlungsperioden charakteristisch sind, so daß mit dem Beginn
einer neuen Siedlungsepoche in einer Gegend in der Regel auch ein neuer Namentyp
auftritt. Die Namen haben also ihre bestimmten Blüte- und Modezeiten. Hüten
müssen wir uns aber davor, die Altersbestimmung einzelner Typen ohne weiteres
auf andere Gegenden zu übertragen. So gehören z. B. die weiler-Orte am Oberrhein
der fränkischen Zeit an, im Hunsrück dagegen dem hohen Mittelalter.

Wenden wir uns nun zunächst den Ortsnamen der Landnahmezeit
zu (3.— 5. Jhdt.). Zu nennen sind hier vor allem die ingen-Orte, d.h.
diejenigen Orte, welche auf -ingen enden, wie Haltingen, Inzlingen usw. Die
Endung -ingen drückt hierbei die Zugehörigkeit zu einer Person aus. Die Alemannen
siedelten ja zur Zeit der Landnahme noch in Sippenverbänden, wobei einer
der Sippe vorstand. Die Endung -ingen wurde nun an den Namen des Sippenführers
angehängt, so daß also etwa Sigmaringen soviel bedeutet wie „bei den
Angehörigen des Sigimar". Da die ingen-Orte die ersten alemannischen Siedlungen
darstellen, liegen sie folglich zumeist auf dem fruchtbaren Boden in den
Tälern und Flußniederungen. Ich möchte hier von den 95 ingen-Orten des
Breisgaus und Oberrheingebietes nur einige wenige anführen, und wir können ohne
weiteres feststellen, daß fast alle in der Rheinebene auf fruchtbarem Gelände
liegen.

Buggingen (820 Pukingas) — Ihringen (962 Uringa) — Krozingen (807
Scrozzinga) — Efringen (1157 Everingin) — Fischingen (800 Fiskingas) —
Haltingen (767 Haoltingas). Dagegen liegen aber die Hotzenwälder Orte Rippolingen
, Bergalingen, Willaringen, Hottingen und Wieladingen nicht in der alten
Siedlungslandschaft, so daß sie wohl nicht in der Landnahmezeit entstanden sein
können. Dafür spricht auch, daß sie alle erst im 13. und 14. Jahrhundert
urkundlich erwähnt werden und daß bis jetzt auch keine alemannischen Gräber
aus den frühen Jahrhunderten dort gefunden werden konnten. Wahrscheinlich
sind diese ingen-Ortsnamen erst später analog zu den ingen-Siedlungen im Tal

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