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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-02/0043
Zünfte selbst, die auf ihre verbrieften Rechte pochten, vom Oberamt den behördlichen
Schutz anriefen und Bestrafung derjenigen Handwerker forderten, die
gegen die Zunftordnungen verstießen.

Die Beibehaltung dieser wirtschaftlichen Zwangsbestimmungen paßte jedoch
nicht mehr zu den politischen Errungenschaften, zu den Ideen der französischen
Revolution, zur Abschaffung aller Standesvorrechte, zur staatsbürgerlichen Freiheit
und Gleichheit, wie sie auch im Großherzogtum Baden durch die Badische
Verfassung von 1818 eingeführt worden waren.

Diese freiheitliche Zeitbewegung wirkte sich im Laufe der Jahre immer bedeutsamer
aus. Uber die festgelegten Zunftvermögen wurde auf behördliche Anregung
„durch freien Entschluß der Zünfte" zugunsten von neuen Bedürfnissen
verfügt. Dem guten Beispiel von Altvogt Nikolaus Blankenborn, der 1824 mit
einer Stiftung von 200 Gulden den Spital-Fonds gegründet hatte, folgten verschiedene
Bürger und auch Zünfte und vermachten namhafte Beträge dem neugebauten
Bürger- und Zunftspital, in dem auch Dienstboten und Handwerksgesellen
im Krankheitsfalle aufgenommen werden sollten (1842—47).

Das Streben nach besserer Schulbildung fand seinen Ausdruck durch Erweiterung
der sog. Lateinschule zur Höheren Bürgerschule, für die 1847 ein Neubau
erstellt wurde.

Das wirtschaftliche Leben, das u. a. auch durch Dampfmaschine und Eisenbahn
(1847 wurde der Personenverkehr bis Schliengen eröffnet) umgestaltet wurde,
suchte nach neuen Organisationsformen. Gewerbevereine und politische Vereine
wurden gegründet.

Schließlich fand das nicht mehr zeitgerechte Zunftwesen sein Ende durch die
gesetzliche Auflösung der Zunftverfassung am 20.9.1862. Aus -den Zunftvermögen
wurden 12 000 Gulden einem Gewerbeschul-Fonds zugeführt, der 1866
die Einrichtung einer Gewerbeschule ermöglichte. Weitere beträchtliche Zuwendungen
der Zünfte erhielt wiederum das Bürgerspital. Eine Freiwillige Feuerwehr
wurde geschaffen und das Schulwesen gefördert. Dabei halfen auch private
Stiftungen mit. Drei der sich auflösenden Zünfte, und zwar neben den Seilern
und den Leinewebern auch die hier näher behandelte „Zunftvereinigung der
Schlosser, Schreiner, Dreher, Glaser, Hafner, Siebmacher etc.", gründeten durch
Einschuß eines Teiles ihres Zunftvermögens einen Vorschußverein zum Zwecke
der gegenseitigen Unterstützung, besonders in Krankheitsfällen. Dieser Zusammenschluß
hatte (lt. Sievert, Chronik von Müllheim) nachgehends wegen der
Art, wie das Genossenschaftsvermögen verwaltet wurde, mancherlei Anfechtungen
zu erleiden.

Ein allgemeiner Gewerbeverein (gegründet 1.3.1863) nahm sich u. a. auch
des gewerblichen Nachwuchses an. 1866 entstand ein Arbeiterbildungsverein.

Im Laufe der Jahre führten die Bemühungen der Handwerker um ihre Neuorganisation
schließlich zur neuen Handwerksgesetzgebung (26.7.1897), die das
Recht der Innungen regelte und die Handwerkskammer schuf. Am 12. 7. 1902
erfolgte die Gründung der ersten vier Handwerksinnungen (im „Rößle") für
Schreiner, Glaser, Dreher und Schlosser, denen bald andere folgten wie z. B.
1905 die Bäcker. Damit waren die im Wesentlichen heute noch gültigen Organisationsformen
des Handwerks erreicht.

Kehren wir zurück in die Zeit des beginnenden Umbruches im Zunftwesen,
aus der die beiden eingangs erwähnten Aktenstücke stammen. Sie enthalten:

I) Zwei „Revisionsnotaten" von 1810/16 und 1816/20 der „Müllheimer Zunftvereinigung
der Schlosser, Schreiner, Glaser, Dreher, Hafner, Uhrenmacher,
Siebmacher, Zinngießer und Seckler" mit den Protokollen der Zunfttagungen
von 1816 und 1820.

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