http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-01/0012
Dr Bach im d Wiide
E Bächli sait zuem Wiidebaum,
Wo an sim Ufer stoht:
„S wär Zit, d verwachtisch us dim Traum!
I glaub, dr Merzwind goht.
Dr letzti Räscht vo Iis un Schnee
Ha hüt i s Land ab trait,
Und d Sunne weckt scho, wie n i gseh,
Neu Läbe wit un breit.
Es isch mer fascht, ihr Glitzre well
Mi fülle bis an Rand.
Wotsch au drvo, du alte Gsell,
Ass mer is freun mitnand?
Em Wiidebaum isch s nit rächt drum.
Er weiß nit, was er will
Und brummlet, eb er sich luegt um:
„Ach was, de plaudrisch vill.
I ghör di jo dr lieblang Tag;
Us allem machsch e Märt!
Erseht wenn emol i c h öbbis sag,
Gilts Ärnscht und het e Wärt..."
50 putzt er s luschtig Bächli ab.
Es schwigt und lauft drvo
Und dängt: „Was will dä alti Chnab
Vom Früehlig au verstoh ... !"
Doch wie verstuunt s, wo über Nacht
51 Nochber sich unbsinnt
E Chlaid zuem Früehligsafang macht,
Wie mes nit schöner findt. . . :
Der Wiidestumpf zeigt s alti Gsicht;
Doch d Rüetli hange voll
de fiinschte Chätzli. — S isch si Pflicht,
aß er so blüehje soll. . . !
„De chasch dr dra e Bischpil näh,
Machs au so wie n ichs mach:
D Freud soll me n ohni Bsinne gäh!"
Maint d Wiide stolz zuem Bach.
„Doch eins vergiß nit, liebe Baum",
Bescheide s Bächli sait,
„Wär ich nit gsi, Di Wundertraum
Hätt nie sich um die glait. . .
Dr eint schafft ständig Nahrig zue
Un git sich alli Müeh . . .
Dr ander bruueht denn nüt me z tue,
Aß ebbe numme — z blüeh ..."
C. A. Müller, Basel
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