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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
31.1969, Heft 2/3.1969
Seite: 110
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-02-03/0048
Leider kann aber diese Hypothese nicht aufrechterhalten werden, denn das
uns interessierende Gedicht geht gar nicht auf ein damaliges Ereignis zurück,
sondern auf ein altes Volkslied, das Uhland in der Sammlung „Des Knaben
Wunderhorn" kennengelernt hat. Daß sich der Dichter von manchen der unter
diesem Namen von Achim von Arnim und Clemens Brentano herausgegebenen
alten Volkslieder anregen ließ, ist schon längst bekannt. So entnahm er auch —
wie schon Hanns Bächtold erkannte (4) — das Motiv für sein berühmtes Lied
dieser Sammlung, und zwar dem auf S. 200 des 2. Bandes abgedruckten Gedicht
„Inkognito", das wie folgt beginnt:

Es kamen drey Diebe aus Morgenland,

Die geben sich für drey Grafen aus,

Sie kamen vor der Frau Wirthin Haus . .

Außerdem ließ sich der Dichter noch von zwei anderen dort veröffentlichten
Volksliedern beeinflussen. Das eine trägt die Überschrift „Zucht bringt Frucht"
und begint wie folgt:

Es flohen drei Sterne wohl über den Rhein,
Es hätt' eine Witwe drey Töchterlein;
Die eine starb wie es Abend war,
Und die Sonne nicht mehr schiene klar,
Die Andre um die Mitternacht,
Die Dritte um die Morgenwacht. .

Das dritte Lied heißt „Der Fuhrmann", und aus ihm hat Uhland sogar einen
Vers fast wörtlich übernommen, nämlich den zweiten:

Frau Wirthin, sie ist darinnen,
Hat sie gut Bier, gut Bier und Wein,
Schenk sie der Schönen dort,
Ja dort, von dem allersüßten ein . . .

Ein Jahr nach der Veröffentlichung dieser Volksliedersammlung entstand dann
bereits Unlands Gedicht. Da dessen Kenntnis wohl nicht mehr allgemein vorausgesetzt
werden kann, sei es zum Vergleich mit den Quellen hier wiedergegeben:

Der Wirtin Töchterlein

Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein,
Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein.
„Frau Wirtin! hat sie gut Bier und Wein?
Wo hat sie ihr schönes Töchterlein?"
„Mein Bier und Wein ist frisch und klar,
Mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr".
Und als sie traten zur Kammer hinein,
Da lag sie in einem schwarzen Schrein.
Der erste, der schlug den Schleier zurück
Und schaute sie an mit traurigem Blick:
„Ach! lebtest du noch, du schöne Maid!
Ich würde dich lieben von dieser Zeit".
Der zweite deckte den Schleier zu
Und kehrte sich ab und weinte dazu:
„Ach! daß du liegst auf der Totenbahr!
Ich hab' dich geliebet so manches Jahr."
Der dritte hub ihn wieder sogleich
Und küßte sie an den Mund so bleich:
„Dich liebt' ich immer, dich lieb' ich noch heut
Und werde dich lieben in Ewigkeit".

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