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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
31.1969, Heft 2/3.1969
Seite: 111
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-02-03/0049
Dieses Lied verbreitete sich sehr rasch, so daß sogar in der zweiten Auflage
des „Wunderhorns" von 1845 der Text des einen Volksliedes danach abgeändert
wurde. Dort heißt es jetzt nicht mehr:

Es kamen drey Diebe aus Morgenland,

Die geben sich für drey Grafen aus,

Sie kamen vor der Frau Wirthin Haus . . .

sondern der umgeänderte Text lautete nun:

Es ritten drei Reiter wohl über den Rhein,
Bei einer Frau Wirtin da kehrten sie ein.

Diese Textveränderung beweist eindeutig, daß den Zeitgenossen Uhlands die
Quelle seines Gedichtes genau bekannt war. Es kann also kein Zweifel bestehen,
daß der Dichter neben den beiden andern erwähnten Volksliedern vor allem das
zuletzt genannte als Vorlage benutzt hat. Allerdings stimmt keines der drei Lieder
aus dem „Wunderhorn" mit demjenigen Uhlands völlig überein. Nirgends finden
wir nämlich dort drei junge Männer, die an der Bahre eines verstorbenen Mädchens
stehen und dessen Tod beklagen.

So bestünde also doch noch die Möglichkeit, daß der Dichter ein ihm bekanntes
Ereignis besungen und dazu Textstellen aus den genannten Volksliedern verwendet
hat? Diese Möglichkeit ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, doch wollen
wir sie immerhin nicht gänzlich ausschließen.

Dennoch scheidet aber selbst dann, wenn dies eventuell so gewesen wäre, das
„Gasthaus zum Ziel" als Motivgeber dafür aus. Bei der Überprüfung der Grenz-
acher Kirchenbücher stellen wir nämlich fest, daß während der in Frage kommenden
Zeit keine Tochter des damaligen Zielwirts gestorben ist. Machen wir uns
kurz die Situation noch einmal klar. Uhland wurde 1787 geboren; 1806 unternahm
er dann seine Reise durch die Schweiz, und 1809 entstand das Gedicht
„Der Wirtin Töchterlein". Käme Grenzach in Frage, müßte also etwa zwischen
1800 und 1809 ein solches Wirtstöchterlein im „Ziel" gestorben sein. Dies ist aber
nun nicht der Fall gewesen. Selbst wenn wir, um alle Eventualitäten auszuschließen
, noch annehmen wollten, daß Uhland vielleicht 1806 auf seiner Schweizerreise
von einem früheren Ereignis erfahren haben könnte, dann müssen wir uns
ebenfalls wieder enttäuschen lassen, denn das im Jahre 1760 verstorbene dreijährige
Mädchen Susanna Catharina Kornkauf, Tochter des Zielwirts Friedrich Peter
Kornkauf, kann wegen seines geringen Alters nicht in Frage kommen, da Uhlands
Gedicht ein älteres Mädchen voraussetzt. Außerdem wäre auch der zeitliche Abstand
zu Uhland viel zu groß. Selbst die großzügigsten Versuche, Grenzach doch
noch mit der Entstehung des Gedichtes in Verbindung zu bringen, erweisen sich
also als unhaltbar.

Wie konnte aber dann überhaupt dieses Lied mit dem „Gasthaus zum Ziel"
in Beziehung gebracht werden? Ich vermute, daß wir den Grund dafür in folgender
Tatsache zu suchen haben: Nach Ausweis der Kirchenbücher starb im Jahre
1833 in Grenzach das neunjährige Mädchen Wilhelmine Sophie Müller, Tochter
des Zielwirts Johann Georg Müller und der Magdalena Barbara, geb. Kornkauf.
Obwohl auch dieses Mädchen altersmäßig nicht zu dem Uhlandschen Lied paßt,
wird man doch in der Folgezeit seinen Tod damit in Verbindung gebracht haben.
Solche nachträglichen Übertragungen kommen bei bekannten Liedern oft vor,
und hier in Grenzach wird dies wohl noch durch die Tatsache begünstigt worden
sein, daß sich am Ende der Rheinstraße eine Fähre befand, auf der früher auch
Basler Studenten über den Rhein kamen und das „Gasthaus zum Ziel" besuchten.

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