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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
31.1969, Heft 2/3.1969
Seite: 118
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-02-03/0056
men sein, was sie sind: Ausbund bzw. Übermut echter Volksphantasie. Eine bei
Schweighof, östlich von Müllheim, vor einigen Jahren entstandene Siedelung
wuchs heran, als der Koreakrieg die Gemüter bewegte — schon heißt diese Siedlung
im Volksmund „Korea".

Die „Türkei" Müllheims geht auf einen heute noch ortsbekannten und gern
zitierten Spitznamen eines der ältesten Teile der Stadt, die „Alte Poststraße",
zurück. Über die Herkunft des Namens laufen, wie Werner Fischer hervorhebt,
allerlei Geschichten im Volk um. So soll der Türkenlouis hier seine Janitscharen-
musik einquartiert haben, als er droben mit dem französischen Generalissimus
Villars 1702 (im Spanischen Erbfolgekrieg) auf dem Friedlinger Feld bei Weil
um den Sieg rang, den bekanntlich jede der beiden Kriegsparteien sich zusprach.
Der Rezensent hat von seinem Großvater vor siebzig Jahren, als er, damals elfjährig
, zum erstenmal nach Müllheim mitgenommen wurde, erzählt bekommen,
die Janitscharenmusik habe Tag und Nacht trommeln und blasen müssen, um
den Franzosen die Anwesenheit einer zweiten Armee bei Müllheim vorzutäuschen
. ..

Selbst einen „Panamakanal" haben die Müllheimer. So hieß ein sehr bescheidener
, kleiner Graben unterhalb vom Zielberg. Was aber hat es mit den „Päris-
matten" für ein Bewenden? Wo sie lagen, läßt sich heute nicht mehr angeben.
Aber ihr Name ist erklärbar: Es waren Matten, die dem in den Vogesen gelegenen
Kloster Päris abgabepflichtig gewesen sind. Die „Barfüßermatten", westlich
der Eisenbahn, waren den Barfüßer Mönchen in Neuenburg zinsverhaftet.
Das „Petersbännle", Ackerland im Nordosten der Gemarkung, gehörte der Benediktiner
Abtei St. Peter auf dem Schwarzwald. „Die Bettlerküche", in der Nähe
des „Senbodens", war der Rastplatz des fahrenden Volkes, vor allem der Zigeuner
.. Der Name „Senfboden" hat mehrfache Deutungen erfahren. Einleuchtend
ist der Hinweis von Werner Fischer, das Gelände sei früher mit Senfpflanzen
(Sinapis arvensis) bepflanzt gewesen. Das Ackerland ist heute zum größten Teil
von Kasernenbauten in Anspruch genommen. Als „Pflanzer" wurden und werden
heute noch häufig neuangelegte Reben bezeichnet. Von der Hauptstraße in der
Höhe der Gastwirtschaft „Zum Hopfenkranz" zweigte vermutlich zum Zielberg
der „Eselspfad" ab, über den man aber nicht völlig Sicheres weiß. Wo man den
„Finkenherd", der schon 1569 erwähnt wird, zu suchen hat, ist unbekannt.
„Fliedenwein" heißt ein Rebgewann. „Fliedelwein" wird nach Werner Fischer
ein Säufer genannt. Ob der Übername eines Mannes dieser Art sich an seinen
Besitz geheftet hat? Die Frage muß unbeantwortet bleiben. Man könnte allerdings
auch an einen Wein minderer Güte denken. Vom Volksmund her allerdings hören
sich die Dinge anders an. Der Wind dort trägt zur Blütezeit der Reben den
Blütenstaub mit sich fort. Lassen wir es bei dieser poetischen Deutung bewenden!

Es wäre unverständlich, wenn es in Müllheim nicht auch einen „Latschariplatz"
gäbe — es gibt ihn vielerorts. Was eigentlich ein „Latschari" ist, darüber läßt sich
streiten. Wer wüßte im übrigen nicht, um was es sich bei einem Latschari handelt?
Müllheim leistet sich einen Oberen Latschariplatz an der Kreuzung der Hebel-
und Hauptstraße und einen unteren an der Einmündung der Linden- in die
Hauptstraße. Mehr kann man nicht verlangen! Aber auch einen „Germanenbahnhof
" gibt es in Müllheim. Als solchen bezeichnet der Volksmund den kleinen
Platz bei der Margarethen-Kapelle an der Hauptstraße, und zwar nach einer
dort sich befindenden, bekannten Weinhandlung, von der zur Zeit des Herbstens
ein stattlicher Wagenpark mit allem, was dazu gehört, sich breitmacht. Der „Freiburger
Rain", Wald und Matten, findet man an der Gemarkungsgrenze gegen
Lippburg. Er gehört zum „Eichwald". Es handelt sich aber wohl nicht um die
Stadt Freiburg, sondern um den ehemaligen Eigentümer des „Raines", der Fritz
Freyburger geheißen hat. Die „Gauchmatte" liegt in nächster Nähe des Waldes,
in dem der „Gauch" ruft, wie ehedem der Kuckuck genannt wurde. Flurnamen,
die an die Stätten erinnern, auf denen ehemals der „Galgen" stand oder das
„Hochgericht" zu suchen war, gibt es vielerorts. Der Flurname „Galgen" und

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