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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
31.1969, Heft 2/3.1969
Seite: 126
(PDF, 16 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-02-03/0064
Geschichte und Sage um Orts- und Flurnamen
in der Gemarkung Wollbach

Von F. Schü 1 in

„Flurnamenforschung ist die reizvollste, aber schwierigste Beschäftigung
mit der heimatlichen Geschichte". (W. Schoof) (1).

Beim Umgang mit der Geschichte von sagenumwobenen Orten in der heimischen
Landschaft lockt zunächst der Versuch, den historischen Grund einer Sage, Dichtung
und Wahrheit zu erkennen, um irrige, aber volkstümlich anerkannte Überlieferungen
grundlegend zu berichtigen oder klarzustellen. Lückenhaft und ungenau
ist oft, selbst bei aufgeschlossenen und gewissenhaften Verwaltern der Heimatgeschichte
die Deutung vieler Orts- und Flurnamen. Wieviel Ungereimtes,
Sinnloses wurde gläubig und unkritisch aus der zuständigen Literatur übernommen
, verwertet und weiter gereicht! Ja, selbst anerkannten und verdienstvollen
Namensforschern wie Foerstemann, Kluge, Goetze, Bach u.a.m. ist es nicht vollends
gelungen, immer bis zum Ursprung von Grundbegriffen zu dringen. Aufgrund
der örtlichen Realproben und der eingehenden Bestandsaufnahme der ältesten
urkundlichen Belege regen sich die Zweifel der kritischen Lokalforscher an bisher
gebotenen, allzu naheliegenden Deutungen von Namen.

Orts- und Flurnamen sind Geschöpfe des Volkstums, mit all ihrem Formenreichtum
, ihrem einfachen, realen Sinn im Grunde und ihrer Buntheit im Wandel
und Gebrauch der vielen Geschlechter, die sie gestaltet, und der Schreiber, die sie
entstellt und verballhornisiert haben. Ursprünglich stand bei der Taufe eines
Ortes, Baches, Berges oder einer Flur nicht der Mythus als sinngebender Pate,
sondern schlicht und einfach eine Gegebenheit der bäuerlichen Gemeinschaft aus
ihrer engen Verbundenheit zur Umwelt, zum Boden und seiner Nutzung, zu
Weide, Wald und den Kulturen rund um die Siedlung. Erst später wandelten sich
mit dem Wechsel der Kultur- und Rechtsverhältnisse auch die Orts- und Flurnamen
, vor allem seit dem Ausbau des Altsiedeilandes von der anfänglichen
Weidewirtschaft zum kultivierten Ackerbau mit den Zeigen der drei Felder und
der ausgedehnten Rodungstätigkeit der gewachsenen Bevölkerung vom 7. bis 9.
Jahrhundert. Dazu halfen auch der Wandel und die Entwicklung der Sprache. Um
den vergessenen Sinn einer Form rankte nun auch der Volksmund mit grenzenloser
Fantasie die Sagen und Legenden und gestaltete nach gewandelten Leitbildern
neue Begriffe.

Das natürliche Sprachempfinden des bäuerlichen Volkes sträubte sich, Namen
ohne Sinn und Klang zu gebrauchen, kümmerte sich aber bei der Neufindung so
wenig um Sprachgesetze wie der ortsunkundige Urkundsbeamte beim Abhören
und Aufschreiben der gebotenen Formen. So erwartet nun die verantwortungsvolle
Aufgabe des Sprachforschers, den weiten schweren Weg bis zum Anfang und
Grund der Namen zurückzulaufen. Dabei wird ihm der gewissenhafte Lokalforscher
mit den örtlichen Belegen helfen, Erkenntnisse zu bestätigen.

Weil die Orts- und Flurnamen aus dem „sprachschöpferischen Geist einer
bäuerlichen Gemeinschaft" unserer Vorfahren entstanden sind, mit Sagen und
Legenden auf ihrem langen und wechselvollen Wege geschmückt wurden, heischen
sie wie jede andere Überlieferung unseres Volkstums Ehrfurcht. H. Burte schreibt
dazu: „Ich lese das Verzeichnis der Flurnamen wie ein aus der Erde gestiegenes
Gedicht: in der Tat ist jeder der ersten Wort-Schöpfer unbewußt ein Dichter gewesen
und hat schwelende Erkenntnis im Laut verdichtet!" (3).

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