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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 1.1970
Seite: 11
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-01/0013
Ein Unheimliches, Uberwältigendes, fast Grausames ist in das Walten der
Natur hineingegeben, und doch ist sie, richtig und ruhig betrachtet, ein vielfaches
Spiel von Künsten, die miteinander, aufeinander, gegeneinander sich auswirken,
von dem einfachen Grashalm, den der Mensch tritt, von Baum, Felsen und See
in die Landschaft hinaus, diese Brücke zwischen Mensch und Welt, bis in die
Sterne, die Sonne, den Mond, in das unermeßliche, unfaßbare, immer nur geahnte
All, so gewaltig, daß der einzelne Mensch in Ohnmacht und Nichtigkeit vor der
Natur fast verzagen muß. Denn er muß erkennen, daß die Natur nur an sich
denkt; sie erwidert seine Empfindungen nicht, sie besteht offenbar durch ein
geheimes, vielfältiges Gesetz; ein Ziel ist nicht zu erkennen, es sei denn dieses,
sich fortzupflanzen und damit zu erreichen, was vorher schon war. Der Mensch
betrachtet, benützt sie, beutet sie aus, sucht ihr die Geheimnisse abzulisten, aber
er ist und bleibt ein Stück von ihr und handelt zuletzt in ihrem Sinne.

Der Mensch legt, ohne es genau zu bedenken, dem Wesen der Natur seine
eigenen Verhältnisse unter; und doch ist die Natur sehr ferne davon, sein Empfinden
durch ein ähnliches oder gar gleiches zu erwidern! Für sie ist der Mensch,
der sich so wichtig nimmt, ein Wesen unter Millionen: Die Fadenalge wird von
ihr genau so betreut wie der Mensch, dessen Körper und Geist ein zusammengesetztes
Wesen ist, in dem das Gestein, das Wasser, die Pflanzen, das Tierische
sich seltsam verbinden, ohne es aus dem Gesetze des Werdens, Seins und Vergehens
zu entlassen.

Der Stil ist der Mensch. Wie einer spricht, so ist er; wie er schreibt, so
denkt er: In der Art und Form seiner Sätze drückt sich sein geistiges Wesen aus.
Handschrift und Schreibweise sind Spuren, die der Mensch hinterläßt; sie gleichen
so getreu seinem Geiste wie die Spur dem Fuße, der sie prägte . . .

Wer etwa meinen sollte, ein Mann könne zwar alles richtig wissen und lenken,
es nur nicht in deutscher Sprache entsprechend ausdrücken, oder, umgekehrt, ein
Mann sei zwar fähig, gutes Deutsch zu schreiben, aber nur um zu erweisen, daß
er nichts vorzubringen habe, der würde sich gröblich und gründlich täuschen. —

Die Sprache ist ein Bild der Welt und ihrer Dinge; die Worte stehen (trotz
Mauthner!) in einem bestimmten Gesetz und Verhältnis zueinander, wie etwa die
Sterne und die Farben; wer dieses Gesetz bewußt oder unbewußt im Blut hat, der
kann die Worte in ihrer vollen Bedeutung richtig setzen. Das tiefste und wahrste
Gefühl aller Dinge entspricht dem stärksten Gefühl aller Worte, dem Sprachgefühl:
Hier stehen die großen offenbarenden Dichter, die Sprachallmächtigen, Homer,
Dante, Goethe. Die Sprache ist, wie irdisch auch ihre Ursprünge sein mögen, eine
mächtige Gottheit. Der Unberufene sinkt vernichtet zu ihren Füßen nieder. —

(1954)

(1954)

Von Hermann Burte

(1928)

(1928)

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