Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 2/3.1970
Seite: 111
(PDF, 15 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-02-03/0039
Hebels Wirtschaften

von Dr. Werner Fischer, Meßkirch

Natürlich hat Johann Peter Hebel nie eine Wirtschaft besessen. Und selbst
wenn er nicht durch einen Bankkrach in Karlsruhe einen Teil seines ersparten
Geldes verloren hätte: ein Gasthaus zu kaufen, wäre ihm nie in den Sinn gekommen
; allenfalls ein leerstehendes Pfarrhaus irgendwo im Oberland, um dort seinen
Lebensabend zu verbringen. Aber dazu kam es nicht mehr.

Trotzdem hat die Überschrift einen Sinn. In Hebels Leben wie in seinem
Werk spielen Wirtschaften eine besondere Rolle. Aus Briefen, aus den Gedichten
und dem Schatzkästlein kennen wir die anheimelnden Namen von Gasthäusern,
den Roten Adler, den Grünen Baum, das Goldene Lamm, Ritter, Rebstock und
Rößlein, Salmen, Schwanen und Schwert. Man hat den Eindruck, als tauchten bei
Hebel Gasthausnamen häufiger auf als bei anderen Schriftstellern. Was ist der
Grund dafür?

Hebel hatte Freude an Geselligkeit und Wein. Im Oberland, wo er aufgewachsen
war, fand man beides in den Wirtschaften. Sie waren in den kleinen Dörfern
seiner Jugend Treffpunkt der Bevölkerung, Mitte des gesellschaftlichen Lebens,
Umschlagplatz der neuesten Nachrichten. Aber dazu kommt noch: Hebel war zeitlebens
Junggeselle. Sein Wunsch, einen eigenen Hausstand zu gründen, ging nicht
in Erfüllung. Er bewohnte zwar immer eine eigene Wohnung. Wenn er aber das
suchte, was man heute „TapetenWechsel" nennt, nämlich Abwechslung, Geselligkeit
, Anregung, Entspannung, Neuigkeiten, dann war er notwendigerweise auf
das Gasthaus angewiesen. Jahrelang hat er das Essen in Wirtshäusern eingenommen
. Dort traf er sich mit seinen Freunden und Besuchern aus der Heimat.

Was ist aus Hebels Wirtschaften geworden? Welche der genannten Gasthäuser
bestanden wirklich, welche sind erfunden? Welche bestehen noch heute, welche
sind verschwunden? Der Verfasser nahm im Frühjahr 1968 eine Umfrage vor und
legt das Ergebnis hier vor. Erfaßt wurden alle Wirtschaften, die Hebel in Briefen,
Gedichten und Erzählungen anführt. Allen denen, die durch Antworten mithalfen,
sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

*

Die Namen der Wirtschaften, die Hebel in seinen Erzählungen und Gedichten
erwähnt, sind zum größten Teil erfunden. Anders ist es in seinen Briefen: dort
spricht er fast nur von wirklich bestehenden Gasthäusern, die er selbst besucht hat
und deshalb gut kennt oder von denen er wenigstens über gute Bekannte gehört
hat. Welche damals bestehenden Wirtschaften nennt Hebel?

Eine lange Reihe von Gasthäusern zählt Hebel auf in Der Rheinländische
Hausfreund spricht mit seinen Landsleuten und Lesern und wünscht ihnen das
neue Jahr (1809). Er schreibt: Der Rheinländische Hausfreund weiß auch davon
zu sagen (daß nämlich 1807 ein guter Wein gewachsen sei) und hat je ein Schöpp-
lein gekauft oder etwas zu Konstanz im Adler, zu Waldshut im Rehstock, zu
Lörrach im Goldenen Ochsen, (hat nichts gekostet), zu Schopfheim im Pflug, zu
Utzenfeld in der Mühle, zu Freiburg im Schwert, zu Offenburg in der Fortuna,
zu Kehl im Lamm, zu Ulm bei Lichtenau im Adler, zu Rastatt im Kreuz, zu Durmersheim
bei Herrn Schlick. Wer kann sich heute noch gemächlich durch elf Wirtschaften
hindurchtrinken? Wenigstens tut Hebel so, als habe er das gemacht.

Der Adler in Konstanz, in Wirklichkeit „Goldener Adler", ist seit 1558 urkundlich
belegt und bestand bis 1882. In dem Gebäude an der Marktstätte 8 befindet
sich heute eine Bank. Das Gasthaus war einmal das erste Hotel am Platze.
Viele berühmte Leute stiegen dort ab, Herzog Karl August von Weimar, Goethe,
Kaiser Joseph II. und Ludwig Uhland. Am Haus ist eine Erinnerungstafel an

111


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-02-03/0039