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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 19
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-01-02/0021
Wald und Landschaft im oberen Wiesental

von Dr. Wolf Drescher, Sdiönau/Schwarzwald

Einleitung

Seit jeher war die Bindung zwischen Mensch und Wald zwiespältig. Bereits
die Kelten schätzten die schwer durchdringbaren Waldungen des Schwarzwalds
als sicheren Zufluchtsort, während die Römer dieselben Waldgebiete, die sie damals
„silva abnoba" nannten, als abschreckend und unheimlich empfanden. So ist der
Wald seit damals bis zum letzten Weltkrieg immer wieder von bedrohten Menschen
als Zufluchtsort empfunden worden, ebenso aber auch als Gefahrenquelle
von jenen, die Aggressoren waren.

Nicht viel anders ist es heute, wenn sich auch die Gewichte auf seiten des Angreifers
verlagert haben. Aggressiv ist heute nicht mehr der eroberungsdurstige
menschliche Gegner, sondern die von Menschenhand und Menschenhirnen gewandelte
lebensfeindliche Umwelt in Form von Reizüberflutung, vergifteter Luft, verschmutztem
Wasser, Lärmbelästigung, überintensivierter Kommunikation bis hin
zur Übervölkerung. Alle diese Initiatoren zwingen den Menschen zur Suche und
zur Flucht in Territorien, die von der „Zivilisation" noch weitgehend unberührt
sind. Er braucht hierzu auch heute noch nicht in Gebiete zu reisen, die vor 50
Jahren auf der Weltkarte noch weiße Flecken waren, er findet sie vielmehr auch
jetzt noch vor seiner Haustür, im heimischen Wald!

Ein völlig anderer Aspekt muß in diesem Zusammenhang jedoch auch aufgezeigt
werden, und er kann vielleicht mit politischen Begriffen umrissen werden.
Solange der Wald in einer zur Kultur geeigneten Landschaft die despotische
Alleinherrschaft ausübte — und dies war im ganzen Schwarzwald bis um das
Jahr 1000 der Fall — wurde er als Feind betrachtet. Daraus entwickelte sich im
Verhältnis Mensch—Wald zunächst eine Despotie zugunsten des Menschen, der
die rein ökonomischen Vorteile des Waldes — angefangen von der Waldweide
über Brennholznutzungen bis zur Holzfabrik — allmählich erkannte und mehr
als ausgiebig nutzte. Die Folge war eine weitgehende Waldzerstörung, die durch
Gesetze und Erlasse gehemmt werden mußte. Diese Vorschriften wurden zunächst
nur im Blick auf die forstwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten erlassen. Erst
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Zug der zunehmenden Industrialisierung
auch wieder die gesamtökonomischen und sozialen Aufgaben des Waldes erkannt.
Um 1870 wurden diese Waldfunktionen in verschiedenen Erlassen und Gesetzentwürfen
anerkannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte man darüber
hinaus auch die Erholungsfunktion des Waldes und begann sie zu fördern. Erst
die stürmische Entwicklung der letzten beiden Jahrzehnte betonte diesen Trend,
so daß heute schon von einer gegenseitigen Schutzgemeinschaft Mensch—Wald
gesprochen werden kann.

Seit 1950 läuft die Entwicklung jedoch regional bedingt in sehr verschiedenen
Richtungen. Während im Nahbereich der Ballungsräume, die ihre „grünen Lungen"
dringend nötig hätten, die Waldfläche durch Inanspruchnahme für Industrie, Straßenbau
, Versorgungsbetriebe, Wohnungsbau u. a. immer geringer wird, beginnt
der Wald in extensiv genutzten, noch unberührten Gebieten, die gerade deswegen
als Erholungsgebiete prädestiniert sind, überhand zu nehmen. Eine der besonderen
Aufgaben der Forstverwaltung ist es, hier ausgleichend zu wirken und die jeweilige
Alleinherrschaft von Mensch oder Wald zu verhindern.

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