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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 35
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-01-02/0037
Wald und Erholung

von Erwin Lauterwasser, Todtnau

„Der Städter, der heutigen Tages in die Sommerfrische zu gehen gewohnt ist,
eine Gewohnheit, die in unserem Zeitalter der Nervosität und der Arbeitsüberlastung
immer größere Ausdehnung annehmen und allmählich zu einem allgemeinen
Bedürfnis der wohlhabenden Stadtbevölkerung werden muß, sucht für
seine abgebrauchten Nerven Ruhe, Erholung und Kräftigung und findet diese
am besten in der Ruhe und in der kräftigenden ozonreichen Berg- und Waldluft
des Hochgebirges. Er bevorzugt hierbei solche Orte, die ihm bei guter Gasthausverpflegung
die bequemste und mannigfaltigste Gelegenheit zu schattigen, mühelosen
Waldspaziergängen und zu beliebigem Aufenthalt im Walde, insbesondere
Tannenwalde darbieten.

Die medizinischen Autoritäten von heute erblicken in der Waldluft und vorzugsweise
in der würzigen, reinen und sauerstoffreichen Luft des Tannenwaldes
ein Hauptmittel, eine geschwächte Gesundheit, insbesondere ein geschwächtes
Nervensystem wieder zu stärken. Die Luftkur, welche gegenwärtig eine so große
Rolle spielt und von der großen Mehrzahl der Sommerfrischler gesucht und betrieben
wird, setzt daher in erster Reihe nahen Wald in genügender Ausdehnung,
außerdem ein System ebener, oder wenigstens nicht steiler Waldfußwege und
Ruheplätze voraus."

Diese Worte, im Stil seiner Zeit 1895 von Forstmeister Dießlin geschrieben,
überraschen durch ihre Aktualität. Sie zeigen ein Programm der Waidespflege
auf, an dem heute noch — oder erst recht — systematisch gearbeitet wird. So jung
ist also die Erkenntnis nicht, wie bedeutend die Funktion des Waldes für die Erholung
ist. Sie wurde von Fachleuten und Laien immer wieder betont. Erst aber
in der jüngeren Vergangenheit, vielleicht auch im Sog der etwas modischen Betonung
der Umwelt, ist die Bedeutung in das Bewußtsein der breiten Öffentlichkeit
getreten. Sehr lange Zeit stand die wirtschaftliche Seite des Waldes im Vordergrund
oder wurde zu sehr betont. Die ökologische Betrachtung und die von
ihr bestimmten waldbaulichen Maßnahmen waren gewissermaßen verinnerlicht.
Keine Generation von Forstleuten hat je biologische, geologische, klimatische Maximen
mißachtet. Im Gegenteil, die Waldbestände, die Bodenverhältnisse, das
landschaftliche Gleichgewicht sind in bestem Zustand und dies nachdem praktisch
erst seit 1800 systematisch Forstwirtschaft betrieben wurde und die im Mittelalter
und in der Neuzeit durch immense Rodungen und ungeregelte forstliche und landwirtschaftliche
Nutzung stark verheerten Waldungen übernommen werden mußten
. Die pflegenden, hegenden und aufbauenden Eingriffe zielten immer auf die
^Waldwirtschaft, die damit verbundenen Wohlfahrtswirkungen schwammen gewissermaßen
im Kielwasser mit, vorankommend wie die Waldpflege selbst.

So war es für das Wiesental selbstverständlich, daß mit der Zunahme der
Waldfläche die Überschwemmungen ausblieben, die Windeinflüsse sich minderten,
die Erosion an den steilen Hängen zur Ruhe kam.

Heute, da diese Wohlfahrtswirkungen gekoppelt mit guten Bestandsverhältnissen
fast umfassend wirksam sind, gilt es, der Selbständigkeit dieser Funktion
die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Dies nicht irgendeiner Effekthascherei
zuliebe, vielmehr um den wertvollen „Rohstoff Wald" optimal zu bearbeiten.

„Wald und Erholung" beinhaltet Fragen, die jeden etwas angehen. Die „nervenberuhigende
" Wirkung, die vom Walde ausgeht, hat ihre ökologischen wie
ihre seelischen Gründe: Geborgenheit, Verborgenheit umschreiben Empfindungen,
die viele mit dem Wert oder Erlebnis Wald verbinden.

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Hat di dr Schatz ämol vrsetzt,
oder s Schicksal suscht mol pfätzt,
gang zue da Danne und Büecke,
da hilft dr besser as Flueche.


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