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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 74
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-01-02/0076
Es ist besser, einen Baum zu verpflanzen,
als einen Ast abzusägen

(Chinesisches Sprichwort)
Von AlbanSpitz, Minsein

Der Wald! Gibt es bei uns überhaupt noch solchen? Ist nicht alles, was wir Wald
nennen, Forst, geworden aus menschlichem Planen und Tun? Es wird bei dieser Art
Wald lange dauern, bis er den Charakter der Unberührtheit hat, und hat er sie,
dann kommen die Äxte und Motorsägen und werfen alles zurück in neuen, bürokratisch
geordneten Anfang. Eine in Jahrzehnten gewordene Ansicht ist verändert,
und wer erlebt hat, wie das alles wurde, dem tut der Radikalismus des Waldbaues
eben weh.

Nicht jedermann tut das weh. Überhaupt, wie nimmt der heutige, sogenannte
moderne Menschen den Wald?

Gewiß, er ergeht sich ab und zu an einem Sonntag genüßlich atmend, ja mitunter
sogar tiefer erlebend, in ihm. Aber dann, am Montag vielleicht schon, geht er
hin, ihn abzuholzen, und wo ihn tags zuvor der hohe oder auch bewegte Wuchs
erfreute, das Spiel des Lebens erstaunen machte, da hat er nun Spaß daran, wie
die Axt in die Wurzeln beißt, die Säge schnurrt und die Bäume niederkrachen. Das
alles macht er ohne Qual. Was ihm gestern ein Wunder war, ist ihm heute nicht
mehr als Geldverdienst.

Im wesentlichen vermögen die Menschen den Wald eigentlich eben doch nur
als Holz zu sehen, nicht als Leben, als einen lebendigen Organismus, ja die Aufgabe
, welche dieser Organismus hat im Haushalt der Natur und damit auch für die
Landschaft, in welcher wir leben. Ein Baum ist uns etwas höchst Selbstverständliches
, und dabei ist er ein Wunder dessen, was wir Natur nennen. Ein Wunder,
welches aber den Menschen heute weithin nichts weiter ist als ein Ausbeutungsobjekt
, als Handelsware. Der Nutzen, die Kubikmeter, der Heizwert sind entscheidend
, ja eben meist dominierend für das Interesse. Dazuhin gibt es im Wald
noch Hasen, Rehe oder Füchse und Weihe, allerhand Getier, dem man mit dem
Schießgewehr nachgehen, auflauern kann (aus verdrängter Leidenschaft am sonst
gern geübten, aber verbotenen Töten), oder aber auch ob der Freude an pikant
gefüllten Platten und Tellern mit Hasen- und Rehpfeffer.

Gewiß, wir können uns nicht mehr den Luxus leisten, den Wald als Ganzes
einfach in sich ruhen, kommen und vergehen zu lassen. Und das Wild, es kann
zur Plage werden bei seiner unbedenklich üppigen Vermehrung und bei seiner
Liebhaberei für das, was der Bauer sät und pflanzt und wovon dieser doch auch
ernten und viele mit ihm leben wollen. Also auch ein Grund, warum es nötig ist,
was da kreucht und fleucht mit Kugeln oder Schrotkörnern vom Leben zum Tod
zu bringen und davon zu genießen. Denn es ist ein menschlicher Begriff, daß die
Dinge „ausgewertet" werden müssen. Dann braucht der Mensch Holz. Es ist nötig,
daß das Essen gekocht wird und daß Öfen die Stuben wärmen oder daß dies vielseitig
verwendbare Material, zu Papier verändert, das Neueste des Tages ins Haus
bringt. Also es erscheint nötig, daß mit der Zeit eben ganze Wälder in die Säge-
und Papiermühlen wandern oder denn für heizende Öfen zur Verfügung stehen.

Weil nun diese Notwendigkeiten bestehen, eine Anregung, deren Verwirklichung
gleichsam eine Versöhnung wäre zwischen Notwendigkeiten und Idealem:

Sollte es so ganz unmöglich, utopisch sein, in der Schaffung von kleinen Reservaten
doch auch etwas den ideellen Belangen, die ja auch lebensbedeutsam sind,
Rechnung zu tragen? Dies so, indem jede Gemeinde, in der Flucht der Nutzungsnotwendigkeiten
, ein Waldstück mit schön gemischtem Bestand, möglichst nahe

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