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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 1/2.1973
Seite: 74
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0076
Grenzsteinsetzung und alte Bräuche

Von Werner Schärf

Die deutsch/schweizerische Grenzregulierung zwischen Weil und Riehen
gehört schon längst der Vergangenheit an. Einst bildete die Wiese die Grenze,
was indessen auf die Dauer unhaltbar war. Beide Gemeinden waren allzu sehr
dem Wildwasser des mutwilligen Flusses ausgesetzt, der alle menschlichen Vorkehrungen
zu umgehen wußte. Der Flußlauf wurde nach Belieben gewechselt,
was die beiderseitigen Behörden, die den „Auweg", d. h. den „Stromweg" als
entscheidend betrachteten, oft in arge Bedrängnis brachte. Grundstücke konnten
durch das launische Spiel der Wiese plötzlich in einen anderen Bann geraten.
Grenz- und Flußregulierungen waren unter diesen Umständen dringend notwendig
geworden. Entsprechende Verhandlungen, die sich auf drei Jahrhunderte
erstreckten, stießen auf erhebliche Schwierigkeiten. Gesetzte Lohensteine und
Grenzmarken riß das wilde Wasser mutwillig aus. Selbst der im Jahre 1670
erfolgte Versuch, die Marken im Gebiete der Wiese mit eingerammten Pfählen
festzulegen, scheiterte am Widerstand des Flusses. Schließlich konnte nur noch
eine Wiesenkorrektion Abhilfe schaffen, was nach der am 10. März 1896 erfolgten
Hochwasserkatastrophe durch den Staat energisch in die Hand genommen
wurde. Eine solche bildete den Abschluß vieler tragischer Vorkommen und
Naturereignisse, welche sich über Jahrhunderte erstreckt hatten. — Grenzsteine
spielten oft aber auch im Gewanne „Schlipf" eine Rolle. Der „lebende Berg"
verschob die schweizerisch/deutsche Grenze immer wieder zu Ungunsten Riehens
nach unten. Denn Erdbewegungen können nur sehr schwer gesteuert werden. —

Im Jahre 1968, am 16. Mai wurde die Frage eines neuen Grenzsteines
„Nr. 32" an der Landesgrenze Riehen/Weil akut. Dieser Stein wurde unweit
der ehemaligen Weiler Mühle auf der Liegenschaft der Gärtnerei Emil Dahler
erstellt. Bei dieser Gelegenheit erinnerten sich die Behörden einer alten Tradition
, wonach dieser Akt mit einer gemeinsamen Mahlzeit der beiden Landesnachbarn
beschlossen wurde. Dieser Brauch ist auf das Jahr 1739 zurückzuführen
. Der damalige Landvogt von Leutrum richtete unterm 22. November
1747 einen Brief an den Markgrafen, worin er zum Ausdruck brachte, daß
„durch das entstandene große Gewässer drei Pfeiler, so in der Wiese gestanden
und das Markgräfler und Schweizer Territorium voneinander geschieden, ausgerissen
worden seien. Damit diese wieder gesetzt werden möchten, sei schon
etliche Male das Gescheid der mindern Stadt Basel schriftlich requirieret worden."

Er fährt u. a. fort: „Es wollen sich aber die Basler Geschaidsleuthe nicht
versehen, es sei denn, daß man ihnen nach geendigtem Geschäft eine Mahlzeit
gebe, mit dem weiteren Vernehmen, daß es wegen Setzung dergleichen Pfeiler
die nämliche Beschaffenheit, wie auch mit der Wuhreröffnung habe, da nämlich
die Mahlzeitalternative von Basel und Rötteln ausgehalten werden muß. Weil
um 1739 dergleichen Pfeiler geschlagen, und das Oberamt Rötteln von Seiten
Basels damahlen zu Riehen tractiret worden, so sei die Reihe jetzt an Rötteln
und wollten die Basler von der alten Observanz nicht abgehen."

Die „Hochfürstl. Durchlaucht" wurde im übrigen angefragt, „ob bei dieser
Pfeilersatzung den Basler Deputirten eine Mahlzeit in gering möglichen Costen
gegeben und der Wein bei Fürstl. Burgvogtei Rötteln genommen werden dürfe,
wobei 2/s auf Rötteln und Vs auf Weil fallen solle."

Aus der Antwort aus Durlach sei folgendes festgehalten: „. . . Wenn es sich
ergibt, daß das Begehren der Basler Geschaidsleuthe auch ratione alternationes,
in der Observanz seinen Grund hat, so seind Serenissimus nicht dagegen, zu
dem, was das Herkommen mit sich bringt, auch diesmal dero Einwilligung zu
geben. Alles Übermaß und Mißbrauch solle vermieden werden."

Am 30. März 1748 antwortet v. Leutrum u.a.: „...Da aber das Geschaid
der mindern Stadt Basel, zu sothaner Bannpfeilersetzung, welche doch höchst

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