Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 1/2.1973
Seite: 82
(PDF, 22 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0084
wollen, die vielleicht dem langersehnten kritischen Herausgeber da und dort ein
Stück Weg abkürzen können.

Ich bespreche zuerst die beiden Bände der Erzählungen und anschließend die
Gedichte, während ich auf die länger zurückliegenden Biblischen Geschichten nicht
eingehen werde.

Die Ausgabe enthält ein Bildnis Hebels aus dem Jahr 1795 als Frontispiz, eine
Einleitung von 25 Seiten, dann auf 608 Seiten sämtliche Kalenderbeiträge in chronologischer
Ordnung — aus der nur die Betrachtungen über das Weltgebäude herausgelöst
und als geschlossene Gruppe an den Anfang gestellt sind — und verstreut
sechs Reproduktionen aus den alten Kalenderholzschnitten. Es folgen 69
Seiten sehr wertvoller Anmerkungen und Erläuterungen biographischer, geographischer
, historischer und semantischer Art, ein Register aller im Text vorkommenden
Ortsnamen, ein knappes Nachwort zur Textgestaltung und ein Inhaltsverzeichnis.
Der Kommentar ist vor allem für die Lehrer aller Schulstufen gedacht und soll
das Material für eine erschöpfende Erläuterung bereitstellen. Doch ist diese Absicht
insofern problematisch, als der Benützer der neuen Ausgabe nicht den gleichen
Text vor sich hat wie der Schüler. Denn die Lesebücher halten sich an die endgültige
Fassung, Zentners Textgestaltung hingegen „folgt im allgemeinen der kräftigeren
, urwüchsigeren, mundartnäheren Kalenderfassung mit ihrem größeren
sprachlichen Reichtum" (S. 715). Darüber wird der Hebelkenner sich freuen, aber
einem weiteren Publikum sind dadurch unnötige Schwierigkeiten in den Weg gelegt
. Der Wortschatz, den Hebel bei seinen alemannischen Zeitgenossen voraussetzen
durfte, ist heute vielfach nicht einmal mehr passiv vorhanden; und schon
Hebel sah sich gezwungen, für die Buchausgabe seiner Geschichten die nur regional
geläufigen Ausdrücke der größeren Leserschaft zuliebe durch gemeindeutsche zu
ersetzen. Wie viel ferner muß also der Kalendertext einem heutigen Leser aus
Norddeutschland stehen. Die neugeschaffenen Schwierigkeiten müssen deshalb
durch Erläuterungen wieder behoben werden. Wenn man aber schon die Erstfassung
vorzieht, müßte man wenigstens konsequent dabei bleiben und nicht „an
Stellen, wo die spätere Formulierung im ,Schatzkästlein' den Vorzug verdient"
(S. 715), diese aufnehmen. Schwerer als die Unbequemlichkeit des Lesers wiegt,
glaube ich, die Mißachtung von Hebels letztem Willen. Er hat die Kalenderbeiträge
für das Schatzkästlein überarbeitet und ihnen damit ihre endgültige Form gegeben.
Ein Rückgriff auf Erstfassungen setzt die Geschmacksvorliebe des Herausgebers
an die Stelle des Kunstverstandes des Autors. Anstoß wird man mit Grund auch
an der Modernisierung der Zeichensetzung nehmen: Hebels Interpunktionsweise
fällt so völlig aus dem Rahmen der heute üblichen, weil sie nicht auf syntaktischen
, sondern auf rhythmischen Prinzipien beruht, daß durch eine Änderung die
ganze Satzmelodie verfälscht wird.

Nützlich sind hingegen, wie bereits angetönt, die Anmerkungen, die viel Neues
bringen und alte Fehler berichtigen. Zwar sind auch noch einige stehengeblieben,
deren Korrekturen vielleicht willkommen sind:

S. 640, Z. 4 v. u. reiten auf einem fahlen Pferd: Dieser Ausdruck wird nicht
öfters, sondern nur an dieser einen, sehr einprägsamen Stelle gebraucht. Der Hinweis
auf den vierten apokalyptischen Reiter, den Tod, ist zweifellos falsch. Das
fahle Pferd kann nichts anderes sein als eine verhüllende Bezeichnung für das
volkstümliche Symbol der Dummheit: den Esel.

S. 652, Z. 2 Oberoltern: Der Name stammt schon aus Hebels Quelle, der Geschichte
in Zschokkes „Schweizerboten". Damit kann auf keinen Fall Ölten gemeint
sein, denn dieses Städtchen liegt vom Emmental, wo die Geschichte spielt,
nach schweizerischem Ermessen mindestens so weit ab wie Karlsruhe vom Wiesental
. Eher wäre an Affoltern im Bezirk Trachselwald zu denken, doch auch dies
ist nur Vermutung.

S. 660, Z. 5 Best: Der Hinweis auf engl, beast ist unhaltbar. Es handelt sich
einfach um die im Badischen und in Schwaben mehrfach bezeugte Entwicklung aus

82


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0084