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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0011
Markgräfler Dorf brunnen

OTTO WITTMANN. Lörrach »)

Zusammenfassung

(1) Grundlage der Arbeit ist ein möglichst lückenloses Inventar aller Tröge und Stöcke
zwischen Seefelden — Betberg — Sulzburg im Norden, Basel im Süden, Maulburg —
Nollingen — Warmbach im Osten.

(2) Die im Inventar erfaßten Tröge und Stöcke werden zunächst nach ihrem Material
untergliedert (Buntsandstein — tertiärer Kalksandstein — Jurakalk) und dann ihr Formenbestand
aufgezeigt, wobei eine formenkundliche Typologie angestrebt wird.

(3) Die Tröge sind überwiegend rechtseitige Monolithe, seltener aus Einzelteilen zusammengefügt
. Sonderformen kommen insbesondere beim Jurakalk vor. Mehrteilige Acht-
seittröge sind in den Sandsteinen nicht selten. Der Corpus zeigt bei den Sandsteintrögen
fast durchweg lotrechte Wände (Kastenform), bei den Jurakalktrögen abgewandelte Kastenformen
, aber auch die Wannenform mit beidseits schrägen Wänden und daher konvergierenden
Seitenkanten. Bei der Wannenform der Jurakalktröge ist eine differenzierte
Behandlung des Gesimses nachzuweisen, die bestimmte Soziotypen erkennen läßt (städtisch
— stadtnah — ländlich). Entsprechende Unterschiede zeigt die Wandneigung. Beziehungen
zwischen dem Material einerseits, Form und Größe und Wandbehandlung
andererseits sind vorhanden.

(4) Die Stöcke erlauben eine historisch-formenkundliche Typologie. Ältester Stock ist
eine Rundsäule in Renaissanceformen in Schliengen von 1659, die nur aus der Zugehörigkeit
zum bischöflich-baslerischen Territorium verständlich ist. Im 18. Jahrhundert
zeigt der Buntsandstein hochbarocke Rundsäulen ab 1741, spätbarocke quadratische
Säulen mit Obelisken ab 1767, alle mit abschließender Kugel. Rundsäulen aus Britzinger
tertiärem Kalksandstein sind ab 1768 nachzuweisen, rein klassizistische Rundsäulen aus
Jurakalk erst ab 1827. Diese lehnen sich an baselstädtische Vorbilder an. Das Dekor ist
bei den barocken Stöcken bescheiden und wird erst im Rokoko reicher (Reblaub). Primitive
bärtige Speimasken sind ein bezeichnendes Detail. Im 19. Jahrhundert erscheinen die
dekorativen Elemente des Klassizismus (Girlande und Zopf, Kränzchen und Zweige,
Zahnschnitt und Perlschnur). Das Auslaufdekor ist jetzt rein geometrisch (Sterne, Rosetten
, Scheiben, Wolken). Die Abschlüsse sind durchweg nicht figürlich, im 18. Jahrhundert
ausschließlich die Kugel, im 19. Jahrhundert noch die Kugel, aber auch Urne und Vase,
Eichel und Pinienzapfen, Cippus und Knauf, sowie einfache, niedrige Pyramiden. Bei
den Jurakalkstöcken überwiegt die Urne. Der Symbolcharakter dieser Gebilde wird
diskutiert. Der Mangel an figuraler Bekrönung, an Kannelierung der Säulen, Drapierung
der Säulen und Urnen, der Verzicht auf üppiges Dekor haben sozioökonomische Ursachen.

(5) Die geographische Analyse ergab eine weitgehende Differenzierung. Die Bunt-
sandsteintröge vor 1800 besetzen ein geschlossenes Areal im Innern des südlichen Teils des
Aufnahmegebietes, das als Relikt zu verstehen ist. Barocke Rundsäulen im Norden, quadratische
spätbarocke Stöcke im Süden bilden jeweils endemische, sich nicht überschneidende
Areale, die als Werkstattareale gedeutet werden konnten. Der Sandstein des nördlichen
Areals stammt aus der Lahr/Emmendinger Buntsandsteinzone, der Sandstein des südlichen
Areals aus dem Wiesental, von Degerfelden und Inzlingen. Auch diese Areale
sind stark reduziert. Tröge aus Jurakalk besetzen das ganze Gebiet, den Süden aber
dichter. Stöcke aus Jurakalk dringen im 19. Jahrhundert von Süden her (Solothurn,
Laufen) bis zu einer Linie Efringen — Wollbach vor, abgesehen von kleinen Auslieger-
arealen in Kandern, um Müllheim und in Sulzburg. Im Norden werden die Jurakalkstöcke
durch Stöcke aus Kalksandstein abgelöst. Die frühklassizistischen Rundsäulen aus
Britzinger Kalksandstein sind abgesehen von einer Exklave im Süden (Hertingen) auf den
unmittelbaren Umkreis der Steinbrüche begrenzt. Sozioökonomische Gründe bedingen
diese Grenze Jurakalkstöcke/Kalksandsteinstöcke, die Ausliegerareale in Kandern, um
Müllheim und in Sulzburg, die geographische Verteilung der Trogtypen und Trogprofile
bei den Jurakalktrögen und wahrscheinlich auch die Werkstattareale der barocken Buntsandsteinstöcke
.

(6) Die historische Analyse ergab, daß steinerne Tröge und Stöcke erst gegen die Mitte
des 18. Jahrhunderts erscheinen im Zusammenhang mit dem allgemeinen Anwachsen der

1) Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. Otto Wittmann, D 785 Lörrach, Schulstraße 44

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