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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 196
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0014
Von den deutschen Mundarten zum Neuhochdeutschen

von Raymond Matzen

In der Teutonia fängt das Ringen um eine Hochsprache schon im frühen
Mittelalter an.

Zuerst galt es, die Vorherrschaft des Lateinischen einzudämmen. In seiner
„Admonitio generalis" aus dem Jahre 789 hat Karl der Große (742—814) die
Geistlichen aufgefordert, beim Gottesdienst allmählich zur Volkssprache überzugehen
, deutsch zu predigen und mit den Gläubigern deutsch zu beten.

Zu jener Zeit entstand das bekannte Sankt Galler-Vaterunser. Zu jener Zeit
hat auch der elsässische Mönch Otfried im Kloster Weissenburg an der fränkisch-
alemannischen Grenze sein berühmtes „Evangelienbuch" in althochdeutscher
Sprache geschrieben.

Aus politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gründen galt es in der Folge
immer mehr, im stark mundartlich zersplitterten deutschen Sprachraum eine
überregionale Ausdrucksform zu entwickeln.

Schon die Minnesänger arbeiteten im 12. und 13. Jahrhundert eine literarische
Hochsprache aus, worin die mundartlichen Elemente vermindert wurden. So
entstand das klassische Mittelhochdeutsch, eine höfische Sprache, die den Ansatz zum
späteren Frühneuhochdeutsch bildete, zumal man im 15. Jahrhundert danach
strebte, von den spätmittelhochdeutschen Schreibdialekten aus zu einer übergeordneten
, einheitlichen Landessprache zu gelangen.

Das „Meissnische", d. h. die Sprache der Bildungsschicht in den kursächsischen
Landen, wurde in seiner frühen, als Kanzleisprache erworbenen Vorrangstellung
durch Luthers weitverbreitete, mitteldeutsch gefärbte Bibelübersetzung (1522) zur
Grundlage der angestrebten Schriftsprache. Dank dem sprachschöpferischen Werk
des großen deutschen Reformators (1483—1546) machte die deutsche Kanzlei- und
Kirchensprache so rasche Fortschritte, daß die lateinischen Drucke immer mehr
zurückgingen und Thomasius im Jahre 1687 an der Universität Leipzig die erste
Vorlesung auf deutsch hielt.

Während in der Renaissance das Latein noch die Sprache der Wissenschaft blieb,
wurde das Französische im 17. und 18. Jahrhundert nach und nach zur Sprache der
Oberschicht. Denken wir nur an Friedrich den Großen, eine der markantesten
Gestalten der deutschen Geschichte, der fast ausschließlich französisch sprach und
schrieb und nur gebrochen Deutsch konnte.

Als die Sprachreiniger in der Barock- und Rokoko-Zeit der fremden Kultursprache
den Kampf ansagten, um eine echte deutsche Hochsprache auszubilden,
ersetzten sie die Fremdwörter durch ältere deutsche Sprachformen. Dieses Normierungsbestreben
ging auch auf Kosten der Mundarten. Das typische örtlich-
Begrenzte sollte einem konventionell Allgemeingültigen geopfert werden. Ausschlaggebend
war dabei die Stellungnahme des Schlesiers Martin Opitz (1597—
1639), der sich in seiner Schrift „Buch von der Deutschen Poeterey" (1624) entschieden
für ein genormtes, über den Dialekten stehendes Bildungsdeutsch einsetzte.

Der Grammatiker Georg Schottel wollte mit seinem Werk „Ausführliche Arbeir
von der teutschen Haubtsprache" (1663) eine von den Mundarten grundsätzlich
getrennte und unabhängige Schriftsprache auf grammatischen Grundsätzen und
Regeln aufbauen. Als rationalistischer Theoretiker berücksichtigte er kaum die
lebendige, dem Volksmund innewohnende schöpferische Kraft, die oft die Hochsprache
speist und stärkt. Er träumte schon von einer allgemeinen deutschen Umgangssprache
. Übrigens trat der große Philosoph Leibniz (1646—1716) dieser hochsprachlichen
Bewegung bei, die später mit Gottsched (1700—1766) ihren Höhepunkt
erreichte („Deutsche Sprachkunst" 1748).

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