Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 350
(PDF, 38 MB)
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Einige Gedanken zu Hebel-Illustrationen

von Uli Däster

Seit Hebel selbst sich um die Ausstattung der dritten Auflage der Alemannischen
Gedichte mit Kupfern bemüht hat; seit er einen Teil seines Kalenderhonorars
dafür verwendet hat, gute Holzschnitte für den nächsten Jahrgang des Rheinländischen
Hausfreunds herstellen zu lassen — seitdem haben seine dichterischen
Werke nicht aufgehört, Künstler zur Illustration herauszufordern. Die Kette der
bebilderten Ausgaben reißt nicht ab. Wer in diesen Bänden blättert, kann leicht
ins Staunen geraten über die Vielfalt der Möglichkeiten, den scheinbar eindeutigen
Text ins Bild umzusetzen. Da führt der Weg etwa — um nur von den Illustrationen
zu den Hausfreund-Erzählungen zu reden — von den oft naiv ungelenken
Kalenderbildern über das groteske Gemisch von Biedermeierlichem und Unheimlichem
in den Lithographien Dambachers zu den humorig fabulierenden Bildchen
der Stauber, Schmölze, Rothbart und anderer und hinüber ins 20. Jahrhundert mit
dem ebenso eigenwilligen wie überzeugenden Jugendstilbuchschmuck von Carl Otto
Czeschka, mit den spröden und zugleich menschlich nahen Federzeichnungen von
Felix Hoffmann oder — um das wohl jüngste Glied der Kette zu nennen — mit
den zwischen nestroyscher Bühnenbildnerei und Kinderbilderbuch die Mitte haltenden
Farbbildern von Franz Högner zu den Meisterdiebgeschichten. Mindestens
so viele und so verschiedenartige Künstler haben sich mit den Alemannischen
Gedichten auseinandergesetzt. Einen annähernd vollständigen Überblick über die
Hebel-Illustrationen geben die Aufsätze von Josef Dieffenbacher und Robert
Feger 1). Wir können uns daher hier auf einige besondere Aspekte des Themas
beschränken.

Nicht jeder Schriftsteller lädt so zur Illustration ein wie Hebel. Insbesondere
das 19. Jahrhundert, das dem gefeierten „vaterländischen" Dichter Bronzedenkmäler
setzte, wollte ihn auch durch illustrierte Prachtausgaben mit Goldschnitt geehrt
und verewigt wissen. Außerdem hat Hebel selbst aus seiner erzieherischen
Absicht kein Hehl gemacht, ja sie vielleicht zur Rechtfertigung seines ihm selbst
nicht ganz erklärlichen Dichtens überbetont; und während ihm die einen den
pädagogischen Zug als Schwäche verübelten, sahen andere darin den wahren
Volksschriftsteller, zu dem nun notwendig die Illustration gehörte. Denn, so lesen
wir in einem Zeitschriftenaufsatz von 1868, „wenn wir Bauwerke, Statuen, Gemälde
als den Luxus des gebildeten Kunstgefühls weniger bezeichnen dürfen, so
kann die Illustration mit Recht das tägliche Brot für den künstlerischen Geschmack
des Volkes genannt werden . . ., Element ästhetischer Volksbildung", das „den
Werken der Dichtkunst als edelste Dolmetscherin ihres Gedankeninhalts" dient 2).

Schließlich nennt Dieffenbacher einen weiteren, naheliegenden Anlaß zur Illustration
, wenn er schreibt: „Jene wunderbare Personifikation der Wiese, die in
so ergreifender Naturwahrheit und Anschaulichkeit durchgeführt ist, mußte geradezu
zu bildlicher Darstellung auffordern" 3). Dazu einige grundsätzliche Überlegungen
.

Gewiß gehört zum Wesen von Hebels dichterischem Schaffen die Intensität anschaulicher
Vergegenwärtigung. Selbst Abstraktes erscheint bei ihm personifiziert,
die Phänomene des „Weltgebäudes" überträgt er in den vertrauten Mikrokosmos
des Wiesentales und „verbauert" in diesem Sinn nach dem Goetheschen Wort das
Universum. Aber diese dichterischen Bilder lassen sich nicht ohne weiteres ins
Optische umsetzen. Der gleichsam flüchtige Aggregatszustand der Sprache und der
durch sie evozierten Vorstellungen erstarrt unter dem festen Strich des Zeichners,
und damit ist etwas Wesentliches zerstört.

Schon Lessing hat im „Laokoon" das Transitorische der Dichtung der Statik
der bildenden Kunst gegenübergestellt. Die Illustratoren des 19. Jahrhunderts
neigten dazu, den Dichter, den sie zu erläutern und dem sie zu dienen vorgaben,

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