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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 18
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-01-02/0020
Kohlhaas abzeichnete (und dies gilt auch in weiterem Sinne für die Mitkämpfer
Rüttenauers aus allen drei Gemeinden), das liegt auch an den sich gegenseitig
beeinflussenden Einwirkungen von außen.

In erster Linie ist das vergleichsweise progressive Wien Josephs II. zu nennen,
das auch über den Tod dieses Kaisers hinaus etwas von der Humanität und Milde
bewahrt und manche der von der unteren Ebene der Verwaltung angeregte harte
Maßnahme verhindert oder zumindest gebremst hat. Das Bewußtsein der Inkonsequenz
der Aufhebung der Leibeigenschaft unter gleichzeitiger Beibehaltung der
Frondienste mag gerade am Wiener Hof dazu geführt haben, die Folgerungen
der Schwörstädter Untertanen nicht völlig innerlich abzulehnen, woraus sich jene
langmütige Halbherzigkeit in der Behandlung der Angelegenheit erklären mag.
Auch die Freiburger Regionalbehörden zeigen sich aufgeschlossener als die Kammer
in Rheinfelden. Es sei dabei nochmals an Dr. Stirckler erinnert. Die Einwirkung
der Französischen Revolution wird mehr als Schreckgespenst allgemeiner Aufstände
gegen das Regierungssystem, denn als Anregung für den bäuerlichen Widerstand
wirksam. Sie erklärt etwa die zweijährige Hinnahme der Dienstverweigerung
der Bauern von 1789 bis 1791 ebenso wie die im Zuge der kriegerischen
Auseinandersetzung Österreichs mit Frankreich je nach Kriegslage militantere
Tonart des Barons oder der unteren Behörde gegenüber den Bauern.

Die Kämpfe der Bauern aus den „ungehorsamen Dörfern Vorderösterreichs"
sind, soweit zu sehen, die einzigen ernsthaften Versuche von Seiten der „Unter-
thanen", die unmittelbare Konsequenz aus der Aufhebung der Leibeigenschaft zu
ziehen und die Frondienste als damit unvereinbar abzuschütteln. Was sie im
Gefühl der Legalität zwischen 1782 und 1798 zu erreichen versuchten, war dann
am Hochrhein im Rahmen des Großherzogtums Baden durch die gesetzliche Ablösung
des Frondienstes von 1820 an durchgeführt worden. Insofern waren
Rüttenauer und seine Mitstreiter der allgemeinen Entwicklung um eine Generation
voraus, und darin zeigt sich auch die regionalgeschichtliche Bedeutung ihres
Kampfes.

Anmerkungen: Wo nicht anders vermerkt, sind die geschilderten Vorgänge in Akten des
Generallandesarchives in Karlsruhe in der Abteilung 229/Schwörstadt, Fronschuldigkeit,
belegt, was ich im folgenden der Einfachheit halber mit GLA und Datum angebe.

1) „Das vordere Wehratal, öflingen, Wehr und Umgebung in Geschichte und Gegenwart,
Ein Heimatbuch, hgg. von M. Klär, 1928, SS. 72—78

2) GLA 229/Schwörstadt, Frohnschuldigkeit

3) Fridolin Jehle, Wehr, Eine Ortsgeschichte, 1969, S. 161

4) Das vordere Wehratal, SS. 73/74

5) desgl. S. 72

6) GLA, 4. IX. 1784

7) GLA, 12. L 1787, (freiherrlich Schönauisches Amtsprotokoll)

8) Das Bürgereinzugsgeld betrug in der Regel 16 Gulden, 40 Kreuzer

9) GLA, 19. III. 1787

10) Das vordere Wehratal, S. 75

11) GLA, 26. IX. 1787

12) s. Anm. 10

13) GLA, 18. VIII. 1787, Anzeige vom Schloß Schwörstadt, daß Fridolin Greiner von
öflingen und Joseph Rüttenauer, ohne den Paß abzuwarten, die Reise nach Wien
angetreten hätten.

14) „Das vordere Wehratal, S. 75: Rüttenauer sei in Wien 6 Wochen eingesperrt gewesen;
die zwei anderen, Josef Baumgartner und ein Mitbürger mußten sich, um wieder
heimreisen zu können, von Anton Kohl in Wien 11 Dukaten vorstrecken lassen,
welche Niederschwörstadt dann an den Schiffwirt Leopold Kohl, den Bruder des
Darlehers, in Wien heimzahlen mußte. Rüttenauer war also jeweils mit verschiedenen
Begleitern in Wien, was die zwei Reisen belegt.

15) GLA, 9. III. 1789, (Bericht des Landschreibers in Rheinfelden mit Stellungnahme zu
den Beschwerden über die Exekution)

16) s. Anm. 15

17) s. Anm. 15

IS


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