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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 21
(PDF, 42 MB)
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mit den Frauen und Töchtern der Offiziere tanzten, parlierten und fraternisierten,
hat es im Grunde in den Dörfern, im altbäuerlichen, durchweg konservativen
Oberland, trotz seiner natürlichen Aufgeschlossenheit und Intelligenz nie „fran-
zöselet".

Pfarrer Herbst in Steinen schreibt unter seinen Tagebuch-Erinnerungen 2) über
die Kriegsjahre von 1790—1800 im Markgräflerland auch von seinen Erlebnissen
im Zusammenhang mit den revolutionären Strömungen in der Bevölkerung:

Als die Kunde von der öffentlichen Enthauptung des französischen Königs
Ludwig XVI. am 21. Januar 1793 sich im Oberland verbreitet hatte, „entsetzte
sich noch jedermann".

Doch am 14. März 1793 schrieb er: „Leider gibt es auch hierherum viele, die die
Franzosen sehnlich herbei wünschen. Es sind aber meist liederliche, verdorbene
Leute, die nichts mehr zu verlieren haben, sondern die bei dem Unglück ihrer
Mitbewohner zu gewinnen hoffen, die keinen Funken Vaterlandsliebe haben und
sich freuen würden, wenn alles drunter und drüber ginge. Auch aus dieser
Ursache sind die Besorgnis der noch gut und redlich denkenden, derer, die Eigentum
besitzen und schätzen, desto stärker und gerechter."

Am 5. Juli 1796 schrieb er: „Die Armen, sonderlich die liederlichen Armen,
zum Teil auch Reiche, freuen sich sehr auf die Franzosen und äußern jetzt ihre
Gedanken öffentlich. Sie erwarten eine gänzliche Umänderung der Welt, und
meinen, die Armen bekämen jetzt große Bauernhöfe, die Reichen würden ihre
Taglöhner. Sonderlich wird den sogenannten Herren im Land das Loos übel
gelegt. Sie sollen abgeschafft und das Land durch badische Sansculotten oder gar
durch niemanden regiert werden . . . Inzwischen machen jene gefährlichen Gesinnungen
und landesverräterischen Pläne so vieler Leute, die gegenwärtige Lage
des Landes noch trauriger und gefahrvoller, da ohnehin kein Zusammenhalten
und kein gegenseitiges, echtes, nachbarschaftliches Vertrauen unter den Leuten ist."

Auf allen Gebieten der Kultur und Wirtschaft setzten Karl Friedrich und seine
Beamten entschieden und mit voller Kraft ihre Erfahrungen und Fähigkeiten zum
Wohle und für den Fortschritt des Volkes ein. Fünfzig Jahre Aufwärtsentwicklung
wie nie zuvor wurden dem Fürsten anläßlich seines Regierungsjubiläums
1796 allerorts in badischen Landen bestätigt. Nirgendwo sonst in deutschen Gebieten
wurde die Lockerung der feudalen Fesseln soweit begünstigt wie hier, wo
die Ablösung der Grundlasten (Bodenzins) zügig ermöglicht wurde, damit die
Güter aus den verschiedensten Grundherrschaften gelöst und als freier Besitz
genutzt werden konnten, wenn auch die zugesagte Ablösung der beschwerlichen
Zehnt- und Fronlasten noch weitere 40 Jahre hinausgeschoben wurde. Gleichzeitig
förderte der im Lande hochgeschätzte und über seine Grenzen hinaus als vorbildlich
geachtete Landesfürst als aufgeklärter und fortschrittlicher Physiokrat vor
allem den Bauernstand als die Grundlage des Staates und verordnete heilsame
Reformen im Landbau zur intensiven Nutzung der Güter, auch mit besserem
Saatgut und besseren Früchten im Obst- und Rebbau, u. a. m.

Mit der gleichen Sorgfalt und Hingabe setzte er seinen ganzen landesväterlichen
Einfluß für die Hebung und Erziehung seines Volkes auf allen Gebieten
des geistigen und kulturellen Lebens ein, sorgte für den Einsatz tüchtiger und
ehrenwerter Verwalter der inneren Ordnung, guter Sitten und getreuer Untertanen
, durch Bestellen vorbildlicher Beamten, Schulmeister, Pfarrer, Vögte und
Stabhalter.

So hatte wohl kein Untertan in markgräflichen Landen gewichtige Gründe,
die Herrschaft des Markgrafen Karl Friedrich, „des Gesegneten", als „Tyrannei"
zu beschuldigen und anzugreifen. Darum konnte der Fürst voll auf die Gesamtheit
seiner Landsleute bauen, auf deren Widerstandskraft gegenüber allen Verlockungen
und verheißenden Parolen, die über Basel von einer Handvoll „Progressiven"
und deren Briefboten eingeschleust wurden und aus dem Untergrund Verbreitung
und Anhang gesucht haben. Sicher hätten die wenigen Umstürzler auch nicht die
erwünschte Beachtung bei der Regierung und ihren Ämtern erfahren, wenn nicht

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