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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 23
(PDF, 42 MB)
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des Landes . . . Die ordentlichen Bürger sonderten sich von diesen Leuten fürsorglich
ab; sie hielten sie für gefährlicher als die Soldaten . . . Besondere Erwartungen
setzten sie auf den 23. Juli, als in Lörrach der Freiheitsbaum aufgestellt
wurde. Aber es geschah bei alledem nichts.

Als die Forderungen der Besatzungstruppen sich ins unermeßliche steigerten,
war die Franzosenbegeisterung bald verraucht. Die eifrigsten Franzosenfreunde
wurden still und kleinlaut . . . Zahlreiche willkürliche Requisitionen erregten
Zorn und Bestürzung. Der Höchstkommandierende, von dem diese scharfen Maßnahmen
ausgingen, war der General Jung, ein leidenschaftlicher Jakobiner. Er
hatte den Plan gefaßt, die badischen Oberbeamten auseinander zu sprengen,
außer Tätigkeit zu setzen, Verwirrung und Unordnung zu stiften und die Untertanen
zum Aufruhr zu veranlassen; er suchte nach Gelegenheiten, mit den Oberbeamten
in Streit zu geraten. Einer der ersten, die ihm zum Opfer fielen, war
Hofrat Hugo in Lörrach, der dessen unberechtigte Forderungen in höflichster
Weise ablehnte, Jung überfiel ihn mit 26 Dragonern nach Mitternacht, griff ihn
und seine herbeieilende Frau sogar tätlich als „Rebell und Verräter der französischen
Nation" an und wurde am 10. August zu Fuß nach Hüningen geschleppt.

Am 2. September bauten die Franzosen mit 36 Schiffen eine neue Rheinbrücke
bei Hüningen über den Rhein zum Vorwerk auf der Schusterinsel, über die sie
dann nach dem Treffen Moreaus mit den K.K.Truppen unter Erzherzog Karl am
Schlienger Berg retierierten. Bis zum Übergang lagerten sie noch mit ihrer großen
Beute an Pferden, Ochsen, Tüchern, Speck und Anken, auf dem Weiler Feld, um
ihr Beutegut zu einem Spottpreis, etwa 1 Pferd um 1 Louisdor, anzubieten.

Was die Franzosen nicht mitnahmen, fanden danach die kaiserlichen Soldaten,
vor allem auch das im Lande zerstreute Corps der Emigranten des Prinzen
Conde, das seinen Standort am Rhein entlang, bei Steinenstadt und Rheinweiler,
hatte. Am 2. November ist im „Markgrafen-Land" nichts mehr vorhanden, weil
die Franzosen alles aufgezehrt haben.

Am 7. November stehlen die Kaiserlichen im Weiler und Haltinger Rebberg
alle Rebstecken und verbrennen sie. Freund oder Feind, beide rauben gleich
stark. Die Zimmer und Gemächer in der Lörracher Landvogtei werden demoliert
und sogar versch. . . 5).

Mit freiem Quartier und Versorgung mußte die zugesagte Sicherheit erkauft
werden. Die Kriegssteuern stiegen ins Unerträgliche. Der anfänglich gute Willen
der Badener wurde schlecht vergolten: Brandschatzungen, Plünderungen bezeichnen
den Weg Moreaus durch unser Land, das zum Tummelplatz zügelloser Horden
geworden war. Tagebücher, die Akten und Rechnungen in Gemeinde- und Pfarrarchiven
berichten von den heillosen Vorgängen mit unzähligen Einzelheiten zu
jener Franzosenzeit; sie bieten insgesamt ein unvorstellbar verworrenes Bild der
Zustände, der Ängste und Nöte, des erbitterten Kampfes um Eigen und Leben,
welche die revolutionären „Heilsbringer" verursacht hatten 6).

Auf diesem brodelnden Grunde konnten wohl Zorn und Haß im Lande ausbrechen
und Nahrung finden, natürlich zuerst gegen die Besatzung, deren maßlose
Forderungen und überhebliche Unberechenbarkeit, und nicht, wie die Anhänger
und Freunde eines Umsturzes hofften, gegen die fürstliche Regierung und deren
hilfsbereite Beamten. Was man in Paris hierzulande wünschte und erwartet hatte,
das „Levee en masse" gegen die „Tyrannen", blieb im Markgräflerland im Untergrund
stecken und vermochte nur gelegentlich spürbar im Schutze der fremden
Gewehre aufzusteigen.

Als nach dem Sieg Karls bei Schliengen das Heer Moreaus mit 33 000 Franzosen
sich bei Hüningen über den Rhein abgesetzt hatte, zog auch bei den ängstlichen
Gemütern im Lande neue Hoffnung auf. Auch die umgehenden Parolen wurden
vorübergehend stiller und kleinlauter, vor allem seit der Konvent der Jakobiner
zu Paris im Jahre 1797 dem Direktorium und dem ersten Konsul, dem erfolgreichen
General Napoleon Bonaparte weichen mußte, und sich der Citoyen in
Frankreich zum Bourgeois wandelte 7).

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