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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 62
(PDF, 42 MB)
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digen bloß einige mäßige und vollkommen unnützliche Autlagen. Warum soll man
mit den Kameraden hart sein und heute verhindern, was sie morgen tun werden?

Inzwischen hat man öffentliche Glücksspiele im Lager untersagt, aber die
Spieler verstecken sich im Wald, und auch niemand wird sie stören. Man spielt
gegenwärtig hoch. Es gibt welche, die nicht davor zurückschrecken, ihre Zukunft
dieser unheilvollen Leidenschaft zu opfern und was noch schlimmer ist, mit dem
Geld ihrer in Frankreich noch lebenden Eltern, oft auf Kosten derer notwendigsten
Bedürfnisse.

Seit dem Feldzug von 1792 hat es in der Armee nie so viel Geld gegeben,
weil außer dem pünktlich gezahlten Sold und seinem Kurs (taux) fast alle das
Geld von Frankreich über die Schweiz kommen lassen, wo es Makler und gewisse
Bankiers gibt, die gegen gute Bezahlung diesen Dienst den Emigranten erweisen.
Selbst im Hauptquartier korrespondieren einige mit jenen Leuten.

Ein im Lager geduldetes Glücksspiel, das aber dennoch verderblich, ist das
Loto. Es scheint, als ob es, an der Geringfügigkeit des Einsatzes gemessen, eine
Bagatelle sei, aber wenn die Auslosung (tirage) rasch geschieht und von morgens
bis abends leidenschaftlich gespielt wird, so bleiben die Folgen nicht aus. Mehr
noch, Leute, die einen Ziehungsplan besitzen, haben schließlich am Ende des
Tages, obgleich sie für jede Partie nur drei oder vier Kreuzer bezahlen, einen
sicheren Gewinn von 12 bis 15 Francs. Auch gibt es eine große Zahl, die wie
Blutsauger nichts einsetzen und viel gewinnen. Allabendlich treiben sich im Lager
und in den benachbarten Wäldern Dirnen der niedersten Stufe, aber nicht ohne
Routine, herum.

Dienstag, 25. August 1795: Tag des St. Louis — Empfang der Ritter des
Ordens St. Louis durch den Prinzen um zehn ein halb Uhr nach der Messe; Aufnahme
des Herzogs von Berry in den Orden. Die Menschenmenge war groß; viele
waren auf die Eichen geklettert, um besser sehen zu können.

3. September 1795: Ständig machen die Österreicher an dieser Stelle Scheinmanöver
und treffen Kriegsvorbereitungen. Gegenwärtig haben wir ein Regiment,
das bei Schliengen, dreiviertel Meile hinter uns, kampiert. Die Baschi-Husaren
(condeens) kampieren ebenfalls bei Müllheim. Für uns wurde das Lager nicht
gewechselt. Unsere Kompanie, die nach Steinenstadt abkommandiert war und bis
zum Ersten dort bleiben mußte, kehrte am 27. oder 28. in das Lager zurück.
Ebenso wurde das Lager in Neuenburg von der Legion Mirabeau belegt. General
de Mazancourt und die anderen Generäle, Hauptleute der Kompanie, die wie er
in Neuenburg gewohnt hatten, sind in Steinenstadt einquartiert worden, wo sich
nur eine halbe Kompanie befindet. Diese Wechsel haben wegen der Ankunft der
Österreicher nach einem Befehl des Prinzen de Conde, sich zusmmenzuziehen,
stattgefunden.

Heute ist General Wurmeseer (Wurmser) 19) in unserem Lager hinter der letzten
Linie d^r Zelte vorbeigekommen. In seiner Begleitung waren etwa 20 Offiziere
oder Meldegänger. Er zeigte sich sehr höflich (formvollendet), indem er den Hut
(chapeau) fast immer in der Hand hielt. Er wollte den Rhein besichtigen. (Er
wollte die Lage am Rhein erkunden).

Mittwoch, 30. September: Die Gräfin von Boyer, Gattin des Colonels des
Regiments de La Fere, ist auf den Gedanken gekommen, ein geschicktes und
intelligentes Zimmermädchen in das Lager zu schicken als Kaffeetiere und Verkäuferin
aller möglichen Dinge. Sie verkauft teuern Likör, Strümpfe, Westen,
mageres Fleisch und macht großen Profit für ihre Herrin. Hier die Preise für die
Lebensmittel und Waren nach Abzug des Verdienstes der Verkäuferin: Für
schlechtes, hartes Kalbfleisch, das 35 Kreuzer kostete, mußte man 42 bezahlen;
eine sehr kleine Kerze kostete sechs Kreuzer; Spielkarten, die sie 4 und 6 Kreuzer
kosteten, wurden zu 21 und 27 verkauft. Um die Profite noch zu erhöhen, ließ
sie unter einem weiten Holzschuppen spielen und gewann dabei ein erstaunliches
Geld. Als Madame de Mazancourt bemerkte, daß diese Baracke während des
Exerzierens vollbesetzt war, gab sie den Lagerdienern Anweisung, die Baracke

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