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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 73
(PDF, 42 MB)
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zosen der Emigranten-Armee Trauben bringen, oder bei einem Brand in Buggingen
, wo französische Soldaten helfen, das Feuer zu löschen und für die brand-
jeschädigte Familie eine Geldsammlung veranstalten, oder wenn wir an das freundschaftliche
Verhalten zwischen dem Herzog von Enghien und dem Küfermeister
Löffler in Müllheim und an das reizende Liebesidyll zwischen dessen Tochter
Judith und dem Herzog denken.

Dieses Menschliche soll unseren Beitrag beschließen, indem wir aus einem
Brief zitieren, den Joh. Peter Hebel im August 1792, als es am Rhein unruhig
geworden war, aus Karlsruhe an Gustave Fecht in Weil geschrieben hat. In dem
Brief lesen wir u. a.: „ . . . Satt am Rhein steht jenseits ein Lager von 12 000
Mann, und auf dieser Seite nur ein zügelloser Häuften von Mirabeau und Condischen
Emigranten, die durch ihre Neckereien den Feind eher herüberziehen als
abhalten können. Es sind wirklich schon Feindseligkeiten vorgefallen, die diesseitigen
schössen mit gezogenen Gewehren hinüber, und erlegten einige, und der
Commandant von Fort Louis (französische Grenzfeste am Rhein gegenüber Rastatt
) antwortete mit ein paar Dutzend Kanonenkugeln, die einem Buben das
Leben kosteten.

Schreiben Sie mir doch, aber eh Sie die Winterschule anfangen, denn sonst wird
nichts daraus, was die Franzosen mit der Insel der Frau Pfarrer Frommelin 25)
angefangen haben. Dafür erzähl ich Ihnen zum Voraus etwas artiges, das ich im
Lager zu Philippsburg gesehen habe. Das Lager wurde nicht eher bezogen, als
bis die Erndte aus dem Feld war. Ein einziger Acker stund noch da, der nicht
konnte geleert werden, weil er mit Grundbirn besetzt war. Um ihn zu schonen,
wurde bei der Errichtung der Zelte Bedacht darauf genommen, daß er zwischen
zwey Reihen kam. Alles lief zwar hinüber und herüber, aber keine Staude war
ausgerissen, keine zertreten."

Anmerkungen

1) Unter diesen Emigranten war auch der junge Louis Charles Adelaide de Chamisso,
dessen Eltern mit dem 1781 in Schloß Boncourt in der Champagne geborenen Sohn nach
Preußen flüchteten. Adalbert v. Chamisso, der spätere Dichter, war 1796 am Hofe Friedrich
Wilhelm III. Page der Königin in Berlin und diente in einem preußischen Regiment.

2) Olsberg, wohl Ohlsbach, gehörte bis 1803 zum Gebiet der Reichsstadt Gengenbach im
Kinzigtal.-Wonnenthal bei Kenzingen. Schon 1244 das Kloster als sorores monasterii
sancte Marie in Wunenthal ordinis sancti Augustini Constantiensis diocesis (Krieger: Topographisches
Wörterbuch des Großherzogtums Baden. 2. Band 1904/1905)

3) Eine Charlotte Albertine von Rotberg war die Gemahlin des französischen Generals
Rapp, der am 8. November 1821 in Rheinweiler gestorben ist.

4) Der junge, blondgelockte Herzog von Enghien verkehrte gerne in dem gastfreien
Hause des Vogts und Küfermeisters Löffler in der heutigen Krafftgasse. (Das Haus
besteht nicht mehr, an seiner Stelle befindet sich heute das unter dem Namen Hermann
Blankenborn bekannte Anwesen). Der junge Herzog verstand sich gut mit dem „Papa
Löffler", wie er den klugen und witzigen Hausherren nannte, bei dem er dem köstlichen
„Markgräfler" aus Löfflers Reben zusprach und auch nicht die trefflichen Speisen verachtete
, welche die Köchin „Katherl" auf den Tisch stellte. Auch die drei Töchter Löfflers
trugen mit ihrem tugendsamen, sonnigen Wesen zu dem guten Geist des Hauses bei. So
konnte es nicht ausbleiben, daß der junge französische Herzog in Liebe zu der zweiten
Tochter des Hauses, Judith, entbrannte. Briefe, die der Herzog Enghien an „Papa Löffler
" und an Judith geschrieben hat, sind im Original noch erhalten (im Besitz von Botschafter
H. Blankenborn in Badenweiler). Aus ihnen spricht das heiße Liebeswerben
des Herzogs um die stolze Markgräflerin, das aber bei einem schönen Liebesidyll geblieben
ist. (Siehe Heft 1 des 23. Jahrgangs „Das Markgräflerland" 1961 — „Müllheim —
Aus seiner Geschichte").

5) Savarys Schrift „Sur la catastrophe de M. le Duc d'Enghien (Par. 1823) warf auf
Talleyrand den Verdacht der Teilnahme, doch dieser wußte sich bei Ludwig XVIII. zu
rechtfertigen. Dupin hat die Aktenstücke bekannt gemacht und das Gesetzwidrige in dem
Verfahren der von Murat ernannten Militärkommission aufgedeckt, was auch General

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