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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 74
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-01-02/0076
Hullin selbst öffentlich zugab, nach dessen Behauptung die Schuld, die Vollziehung des
Urteils beschleunigt zu haben, ganz auf Savary fällt.

6) In einem Brief vom 22. Oktober 1956 schrieb Monsieur le Vicomte Grouvel, Paris,
an K. W. Beidek in Müllheim zu dem Kapitel Emigranten u. a.: „Seien Sie über die
geringe Begeisterung bei manchen Bewohnern des Landes Baden über die französischen
Emigranten in jener Epoche nicht überrascht. Das ist gar nicht verwunderlich und mir
verständlich. Man kann sagen, daß die adligen Franzosen (nobles Fran9ais) und andere
ihnen wohl gesonnen waren und es scheint wirklich so gewesen zu sein, daß die badische
Bevölkerung in diesem Augenblick noch sehr durch die revolutionären Ideen beeinflußt
war, was sie leicht in Auflehnung gegen die Repräsentanten des Despotismus („despotisme")
brachte. Andererseits hatten diese armen Emigranten, von den Eigenen verjagt, in Gamaschen
einfacher Soldaten auf den Straßen Deutschlands und richtig auf den Hund
gekommen, keinen leichten Stand. Dabei hatten sie, zuvor an ein bequemes Leben und
an ein leichtes Geldausgeben gewöhnt, sobald einige Kreuzer ihre Taschen füllten, alsbald
diese ausgegeben."

Und in einem Brief vom 3. März 1795: „Das Leben dieser tapferen Condeens war
nicht leicht im fremden Land und von allem abgeschnitten. Glücklicherweise hatten sie
trotzdem ein festes Vertrauen, sie waren mit dem Korps verwachsen, treu im Glauben
und zur Monarchie, was sie alle harten Prüfungen ehrenhaft ertragen ließ . . . Selbstverständlich
sind diese guten Franzosen nicht aus allem klug geworden. Und sie waren
hin- und hergeworfen zwischen dem Markgrafen, den Fürsten, Bischöfen, dem Reich
(PEmpire), so daß sie nicht wußten, wo ihnen der Kopf stand. Ich habe den Eindruck,
daß der alte Conde, genügend Diplomat, recht gut zwischen diesen verschiedenen Divergenzen
zu spielen und sich bei dem einen auf Kosten des andern zu halten wußte. Aber
der arme Chasseur noble oder der Leutnant der Legion de Mirabeau . . . !"

Der Müllheimer Chronist Pfarrer A. J. Sievert berichtet in seiner „Geschichte der
Stadt Müllheim" (Verlag August Schmidt, Müllheim, 1884) daß schon 1791 „in unserem
Oberland ein Heer von französischen Emigranten unter Oberbefehl des Prinzen Conde,
der längere Zeit hier sein Hauptquartier hatte „gesammelt habe". Namentlich 1795 wohnte
der Prinz mit 1200 Stabs- und Oberoffizieren dreiviertel Jahre lang hier in Müllheim und
Posthalter Heidenreich beschwerte sich oft aufs bitterste über die vielen Ungelegenheiten,
welche ihm durch die vornehmen Herren selber und noch mehr durch deren liederliches
und „verstohlenes" Gefolge bereitet wurden." Unter dem Jahr 1795 schreibt Sievert:
„Ernstere Kriegsbedrängnis stellte sich erst ein, nachdem Preußen zu Basel im April 1795
mit Frankreich Frieden gemacht hatte; die dort festgesetzte Abgrenzungslinie gab Süddeutschland
den Franzosen preis. Diese ganze Zeit über hatte unsre Gegend viel Einquartierung
und sonstige Militärlast zu tragen. 1795/96 hatten Österreich und das Reich
über 200 000 Mann am Rhein stehen. Von Schliengen bis Alt-Breisach standen vier Lager
am Rhein, davon eines bei Zienken; hier in Müllheim befanden sich ein kaiserliches Spital,
sowie ein großes Hauptmagazin. Zu den Emigranten unter Prinz Conde, von welchen
schon die Rede gewesen ist, sei noch folgende bezeichnende Notiz beigefügt. Die Unterbefehlshaber
entließen einen großen Teil der Mannschaft, um deren Sold in die eigene
Tasche fließen zu lassen. Wenn nun der Prinz Truppenschau zu halten wünschte, so
wurden Bauernburschen aus der Umgegend in die Uniformen gesteckt und paradierten
als Franzosen, so daß der Prinz auf dem Glauben blieb, ein vollzähliges Heer zu besitzen
."

Auf Seite 298 berichtet Sievert: „Unterm 12. Oktober 1795 bat der damalige Posthalter
Georg Friedrich Heidenreich die Regierung um Erlaubnis zur Einstellung der Wirtschaft.
Unser Ort, so schrieb er, hat die Ehre das Hauptquartier des Prinzen Conde zu sein; mit
solchem ist uns zu höchster Last ein emigriertes Personal von mehr als Tausenden mit
allen bekannten Eigenschaften unhintertreiblich aufgedrungen; täglich kommt neuer Zuwachs
. Heidenreichs rauher bürgerlicher Sinn weiß sich mit der französischen Aristokratie
nicht zu vertragen. Seit drei Jahren habe er Kaiserliche im Quartier gehabt, jetzt seit 20
Wochen die Emigrierten, durch welche ihm viel gestohlen werde usw. Die Eingabe half
nichts, und die Wirtschaft mußte als unentbehrlich weiter geführt werden."

7) Pfarrer Philipp Jakob Herbst war der Schwiegervater des Botanikers und Professors
Karl Christian Gmelin in Karlsruhe. Gmelin, 1762 in Badenweiler geboren, war Hebels
Freund, der „Chrüterma vu Badewiler".

8) Hermann Stegemann (1870—1945), Schriftsteller und Historiker, geboren in Koblenz
und als Wahlschweizer gestorben in Merligen am Thuner See. St. war unter anderem
Redakteur an den „Basler Nachrichten" und 1922 Professor der Geschichte an der Universität
München. Für unsere engere Heimat erwähnenswert ist, daß St. im ersten Jahr-

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