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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 83
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-01-02/0085
tungen, kehrte 1817 nach Paris zurück, wurde zum Pair ernannt und starb 1821,
einen einzigen Sohn hinterlassend, der, 11 Jahre alt, im Mai 1828 in Weimar
starb." 2)

Diese eindrucksvollen Notizen aus dem reich erfüllten „Wehrpaß" des großen
Soldaten, Offiziers und Generals werden durch zahlreiche andere Quellen ergänzt
, so vor allem durch seine angeblichen Memoiren3), welche posthum 1823
in Paris veröffentlicht wurden. Doch diese berühren kaum sein Eigenleben zwischen
und nach dem Soldatendienst; darüber berichten vor allem seine Briefe an
die Freunde.

Das Leben dieser eigenwilligen Persönlichkeit wurde auf dem Höhenflug zu
Einfluß, Ruhm und Ehren, von einer unbändigen Tatkraft ebenso geprägt wie
von einer heftigen Leidenschaft neben dem zärtlichen Verlangen des Mannes nach
Hingabe, Liebe und Freundschaft, von der Treuepflicht gegenüber seinem Herrn
und Meister Napoleon wie der Verehrung zu König Louis XVIII., dem Bourbonen,
seinem politischen Realismus im Verhalten gegenüber der Revolution wie Restauration
und seiner menschlichen Größe als Liebender und Vater. Diese Tugenden
offenbaren sich besonders eindrucksvoll in seinem letzten Akt, als schon der Tod
wartend auf der Schwelle stand.

Doch versuchen wir hier, das vielgestaltige und mehrschichtige Leben von
seiner Innenseite her nachzuzeichnen, soweit es eben die knapp überlieferten Aufzeichnungen
ermöglichen.

Johann Rapp wurde am 26. April 1771 4) als Sohn des Pförtners, Knopfmachers
und Kaufmannes Johann Rapp und der Katharina Salome von Edighofen,
im Kaufhaus zu Colmar geboren. Über seine Jugend- und Schulzeit im Elternhaus
ist leider keine Nachricht zu ermitteln. Doch dürfen wir wohl annehmen, daß sich
seine angeborene Begeisterungsfähigkeit schon bald nach dem Ausbruch der Revolution
(1789) als Achtzehnjähriger von den Parolen „Freiheit, Gleichheit und
Brüderlichkeit" mitreißen ließ, um dem jugendlichen Drang zum Soldatendienst
zu folgen. So nur ist es verständlich, daß er sich schon bald bei seinen ersten
Einsätzen durch Tapferkeit und Schneid ausgezeichnet hat und als „Haudegen"
aufgefallen ist. So wurde der von seinem General Napoleon auch in den Pariser
Hofstaat eingeführt und mit einer Schönen aus der Verwandtschaft der Konsulin
Josephine bekannt gemacht, mit Stephanie Tacher de la Pegerie. Beide entflammten
füreinander in „Liebe auf den ersten Blick". Aber Napoleon und seine Frau
verhinderten die eheliche Verbindung. Sie hatten andere Pläne, denen Rapp folgte:
er heiratete die vierzehnjährige schöne Tochter eines reichen Waffenlieferanten:
Josepha Barbe Rosalie Vanlenberghe. Durch diese Verbindung reich geworden,
kaufte er sich in Paris ein prächtiges Haus und richtete es kunstvoll ein. Doch zum
Häuslichsein fand er weder Zeit noch Muße. Napoleon und seine Generale
setzten ihn überall an den Brennpunkten der militärischen und politischen Ereignisse
ein, und Rapp zeichnete sich mit hohem persönlichem Einsatz vor dem Feinde
aus, wo Entscheidungen fielen: Bei Austerlitz, Danzig, wo er 1807 als Gouverneur
eingesetzt wurde und die Stadt 1812 verteidigte. In der Zwischenzeit lebte seine
flatterhafte Frau in Paris auf großem Fuße, machte Modeschulden, und ihr Vater
landete wegen Unredlichkeit im Gefängnis. Als die Frau von Rapps Verhältnis zu
einer neuen Liebschaft, der reichen Reederstochter Juliane Boettcher, erfuhr, reiste
sie nach Danzig. Aber ihre eifersüchtigen Ausbrüche und Familienszenen unter
dem gleichen Dache beeindruckten Rapp kaum; er setzte sie einfach vor die Türe.
Aus dem Zusammenleben mit der Geliebten, mit Juliane Boettcher, entsproßten
zwei Kinder: Hans und Adele Boettcher. Mit der Mutter holte er am 4. September
1814 auch die Kinder mit nach Paris in sein „Hotel" in der „Rue de Plumot".
Die Pariser Welt störte sich nicht an diesem Verhältnis, dem „männlichen Spiel
an der Liebe" ihres vergötterten Kriegshelden, der sein Leben zuvor so oft im
Kampf vor dem Feind eingesetzt und sich männlich bewährt hat, 24mal verwundet
worden war und überall durch sein liebenswürdiges und selbstsicheres
Auftreten Freunde gewonnen hat.

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