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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 154
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-01-02/0156
Hauptvertreter der Maler Courbet, die Schriftsteller Champfleury und der
schon genannte Max Buchon waren. Buchon hatte durch einen aus Baden stammenden
, in Buchons Heimatort Salins ansässigen Handwerker Kenntnis von
Hebels Gedichten erhalten und sich sofort zu Fuß nach dem Wiesental aufgemacht
. Zurückgekehrt übersetzte er als erster die „Alemannischen Gedichte" Hebels
ins Französische; solche Übersetzungen erschienen erstmals 1846, später noch mehrfach
. Als Buchon seine berühmt gewordene Broschüre über den Realismus schrieb,
äußerte er darin die Hoffnung, es möge auch in Frankreich eine volkstümliche
Literatur entstehen wie die durch Hebel, Auerbach und Gotthelf im deutschsprachigen
Bereich hervorgebrachte. Buchons Bestrebungen vollzogen sich nicht in
der Stille und abseits der Literaturkritik: George Sand und Victor Hugo beachteten
und lobten Buchons Hebelübertragungen; in der „Revue des deux
mondes" ist periodisch von Buchon die Rede, — und Saint-Beuve, der gescheite
Hauptkritiker des Zeitalters, kennt und anerkennt Buchon als „traducteur et
imitateur de Hebel". Zellweger glaubt selbst noch den Bretonen Souvestre und
den Flamen Conscience von Hebel beeinflußt, vor allem im moralisierenden
Ansatz; er zeigt aber auch, wie die Dorfgeschichte sich zwar allenthalben in
Deutschland ausbreitet, sich dabei jedoch in literarische Mittelmäßigkeit verliert.

In vielerlei Bezirke — in literaturkritische, formal-literarische und theologisch-
katechetische — greift ein Aufsatz von Peter Katz ein, veröffentlicht 1959 in der
zu Basel erscheinenden „Theologischen Zeitschrift". Es geht darin um die Abfassung
der „Biblischen Geschichten" Hebels. Hebel hatte 1815 ein Gutachten
zu Ewalds Bearbeitung von Christoph von Schmids „Biblischer Geschichte" auszuarbeiten
; dieses Gutachten teilt Katz in seinem wertvollen und aufschlußreichen
Wortlaut mit und kommentiert es unter Vorführung der bildungsgeschichtlichen
Umstände. Hebels Gutachten, entwickelt, von den Mängeln des Schmidschen Buches
ausgehend, Prinzipien der Darstellung Biblischer Geschichte für Jugend und Volk.
Und dies so umfassend und grundsätzlich, daß geradezu eine schriftstellerische
Kunstlehre daraus abgelesen werden kann, die weit über den katechetischen
Anlaß hinaus für alle Sparten des Schreibens, ja auch für die bildende Kunst
Gültigkeit besitzt und die eine abstrakte Formulierung dessen ist, was Hebeis
literarisches Werk insgesamt lebendig ausprägt. Der Grundsatz dieser Kunstlehre,
von Hebel gleich eingangs aufgestellt, fordert vom Autor einer Biblischen Geschichtserzählung
, aber auch von jedem Autor schlechthin bzw. von seinem
Produkt „jene ächte und edle Popularität, die zwischen gebildeten und ungebildeten
Lesern keinen Unterschied erkennend aus dem Menschen hervorgeht und
den Menschen erfaßt, weil sie alles, was sie zu geben haben, zur klaren Anschauung
bringt, — nur durch Einfachheit und Natur, nicht durch konventionelle
Schönheiten im Ausdruck gefallen will, und nur auf jene, nie auf diese ihre
Effekte berechnet. Ihre Schreibarbeit verschmäht jeden unnötigen Wortaufwand,
sie ist gediegen, kräftig und würdig ..." Soweit Hebel. Wer Biblische Geschichten
oder wer überhaupt schreiben will, darf also, erläutert Hebel im einzelnen weiter,
vor allem nicht geziert schreiben; er muß erzählen und nicht reflektieren; er darf
den Stoff nicht auspressen, sondern muß ihn zu körnigen und sententiösen Bemerkungen
verdichten; ferner soll er „alles, was in einem solchen Buch mit
Worten der Bibel gesagt werden kann, mit keinen anderen" sagen; schließlich
verlangt Hebel von den einzuführenden Biblischen Geschichten, daß sie von einem
einzigen Mann geschrieben und nicht von dem einen geschrieben und von einem
anderen überarbeitet würden.

In seinem Kommentar zu diesem Gutachten Hebels zeigt Katz, wie Hebel bei
seinen Forderungen von zwei festen Standorten ausgeht: Von der Schulstube des
Oberlands und von seinen eigenen Jugendjahren. Und dies in bewußtem Absehen
vom literarischen Sturm und Drang und dem darauf folgenden Weimarer Klassizismus
— Hebel charakterisiert die aus diesen Bewegungen entspringenden sprachlichen
Überschwänglichkeiten von Schmids selbständig wortbildnerisch als „Kraftsprache
" —, andererseits aber auch im Absehen von der Gefühligkeit eines

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