Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 3/4.1977
Seite: 352
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-03-04/0146
Historische Gaststätten im Markgräflerland

von Gustav Faber

Daß das Reb- und Webland im deutschen Südwesten zugleich ein Lebland ist,
kommt nicht zuletzt in der Tradition und Qualität seiner Gaststätten zum Ausdruck
. Die Neigung zu besinnlicher Geselligkeit im Markgräflerland, das den
Gaben der Erde aufgeschlossene Naturell des Alemannen mag einer der Gründe
sein, daß auf seinem Boden eine Kultur der gepflegten Wirtsstuben gewachsen
ist, die von keiner anderen Gegend der Bundesrepublik übertroffen und allenfalls
in einigen süddeutschen Landstrichen gleichwertig erreicht wird. Will man noch
weiteren Gründen der Gasthausblüte zwischen Breisgau und Hochrhein, zwischen
Schwarzwald und Oberrhein nachgehen, so trifft man auf ein wesentliches Motiv-
gerade in der geographischen Lage des Dreiländerecks. Die bodenständige Küche
der deutschen Schweiz hat auf die gasthäusliche Kultur des Markgräflerlandes
ebenso ihren Einfluß ausgeübt wie die verfeinerte der Cuisine francaise, die bei
den vielfachen politisch-dynastischen Wechselwirkungen über den Rhein hin einen
Austausch gezeitigt hat, der sich heute noch auf der südbadischen Speisekarte
abzeichnet. Ein französisches Savoir-vivre ist der herzhaften Diesseitsfreude beigesellt
, wie sie an Stammtischen und fröhlichen Tafelrunden markgräfler Gasthäuser
anzutreffen ist.

Natürlich spielte zur Heranbildung der Oasen der Gastlichkeit in Jahrhunderten
der Wein eine besondere Rolle. Wo Wein wächst, findet man auch ein Ja zum
Dasein, Kontaktfreudigkeit, Lebenskunst. Darum hat Gott Bacchus in der „himmlischen
Landschaft", wie Rene Schickele einen Teil des Markgräflerlandes einmal
genannt hat, stets das menschliche Klima mitbestimmt. Die Weinkarten heimischer
Gaststätten sind mit ihrem erlesenen Angebot, vor allem des Gutedel, Visitenkarten
der Gastlichkeit. Wirte, die zugleich Winzer sind, bieten den bekömmlichen
Faßwein an. Der Küche markgräfler Gasthäuser kommt außerdem zugute,
daß im angrenzenden Schwarzwald frisches Wild und frische Forellen stets zur
Verfügung stehen. Auch Schnecken, die Freude der Gourmets, fehlen auf den
Speisekarten nicht, und dies ist wiederum ein Gruß aus dem gleichfalls benachbarten
Frankreich.

Markgräfler Gasthausstuben erhalten ihre heimelige Gemütlichkeit vor allem
durch das traditionelle Material Holz, das zu Holzpaneelen an den Wänden und
zu Balkendecken verwendet wird. In manchen Häusern treffen wir noch die alt-
badische gekachelte „Chunst" an, daneben Herrgottswinkel und auf den Regalen
Zinn und Kanderner Geschirr. Mancher Wirt rühmt sich auch eines historischen
Spinnrads oder einer der überlieferten Schwarzwälder Uhren, wobei die mit
hellem, blumenbemaltem Zifferblatt vorherrscht. Zum Interieur vieler Gasthäuser
hierzulande gehören auch Bilder mit heimatlichen Landschaften, wobei unter den
Künstlern vor allem Professor Strübe und die Heimatmaler Daur, Glattacker und
Kibiger zu nennen sind. Früher waren die bäuerlichen Hinterglasbilder eine besondere
Spezialität der Ausstattung unserer Gaststätten, doch leider sind sie, vielleicht
wegen ihrer Zerbrechlichkeit, bis auf wenige Beispiele verschwunden.

Mit Befriedigung stellt man fest, daß ein Großteil der Wirtsbetriebe sich noch
in den Händen alteingesessener markgräfler Familien befindet. In anderen Landschaften
des Bundesgebiets trifft man in steigendem Maß Ortsfremde und sogar
Ausländer als neue Wirte an, gegen die im Grunde nichts einzuwenden ist, die
aber doch das lokale Kolorit verfremden müssen. So sei an dieser Stelle die
Hoffnung ausgesprochen, daß der originale Charakter zumal der historischen
Gasthäuser des Markgräflerlandes auch dadurch bewahrt bleibt, daß Markgräfler
oder zumindest Südbadener in der weiteren Umgebung des südbadischen Reblandes
den Ton angeben und die Atmosphäre bestimmen.

352


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-03-04/0146