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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 220
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0006
Sagen aus dem Markgräflerland sind
alemannisches Volksgut

von Paula Hollenweger

Im Raum zwischen Schweizer Alpen und Kinzig und vom Montafon bis Burgund
hat sich seit über 1600 Jahren das Volk der Alemannen durch alle Zeitläufe
behauptet. Das Land am Oberrhein ist gesegnet mit Früchten aller Art, hier fließt
der Wein von tausend Hügeln, es ist reich an warmen Quellen und Bodenschätzen
und an allem, was das Leben in diesem lieblichen Landstrich lebenswert erscheinen
läßt. Manche Streitigkeiten hat es in den vergangenen Jahrhunderten um den
Besitz des Landes gegeben, und es ist in vielen Kriegen hart umkämpft worden.
Doch die Bauern haben wieder aufgebaut und von dem gelebt, was der Boden
hergegeben hat, waren anspruchslos in Nahrung und Kleidung, aber unbeugsam
und zäh in ihrem Willen und Wollen.

Unser rechtsrheinisches Land am Oberrhein ist „Markgräflerland" geworden,
nachdem im Jahre 1444 die drei Herrschaften Sausenberg, Rötteln und
Badenweiler in eine Hand gekommen sind. Nach schweren Zeiten sind die
Markgräfler immer wieder bald zu einer gewissen Wohlhabenheit gekommen, von
der die einst recht stattlichen Burgen ihrer Herren, wie die großen Bauernhöfe und
die Häuser der Gewerbetreibenden in Städten und Dörfern erzählen. Es galt daher
der Spruch: Wenn der Markgräfler zehn Jahre lang Frieden behält, so fährt er
mit einem silbernen Pflug ins Feld! Wohl vielleicht grüblerischer, verschlossener
und schwerfälliger als der nachbarliche Elsässer, verschließt sich der Markgräfler
aber nicht dem Neuen und Praktischen, wenn er es gut findet, und bedeutende
Männer sind aus unserem Land hervorgegangen, in dem in Friedenszeiten Handwerk
und Handel blühten.

Die Alemannen haben bis heute an ihrer Sprache und an manchen schönen
Bräuchen festgehalten, wenn auch die Sprache, wie jede Sprache, zeitläufig gewisse
Veränderungen erfahren hat und manche althergebrachten Bräuche in Vergessenheit
geraten sind. Sie lieben Musik, Gesang und den Wein, verstehen ihre Feste
zu feiern, und ein hintergründiger feiner Humor haben sie sich durch alle Zeiten
bewahrt.

Noch zu Anfang unseres Jahrhunderts zogen an Sommerabenden die jungen
Leute Arm in Arm durch das Dorf, oder sie saßen vor den Häusern und sangen
dabei die vielen alten Volkslieder, von denen heute die meisten vergessen sind.
Im Winter traf sich die ältere Dorfjugend in den Spinnstuben zum „Liechtgang",
dem Zusammensein bei Licht. Während die Mädchen und Frauen an den Spinnrädern
saßen, wurde gesungen und erzählt. Die Arbeit auf den Höfen begann um
vier Uhr morgens und längstens um halb sieben Uhr war Feierabend. Wenn um
neun Uhr auch die Spinnerinnen ihr Rad zur Seite stellten, wurden nach Tanzliedern
die alten Tänze getanzt, zu denen manchmal auch ein Geiger, bei besonderen
Anlässen die Dorfmusikanten aufspielten.

Das Erzählen lag vor allem den Älteren im Blut, und wenn erzählt wurde, riß
der Faden nicht so schnell wieder ab. Manchem saß beim Erzählen der Schalk im
Nacken, mancher aber glaubte fest an die Wahrheit seiner seltsamen Geschichten.
Wie die Näherin, der Schuhmacher, der Schneider, Sattler und Korbmacher, die
manchmal acht bis vierzehn Tage „auf die Stör", d. h. zur Arbeit auf die Höfe
kamen. Aber auch die Wäscherinnen, Taglöhnerinnen und Taglöhner wußten
während der Arbeit in Haus, Hof und Feld und am Feierabend viele Geschichten

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