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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 99
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0105
bauenden Preußenstaates. — Das Drama „Simson" (1917) zeigt aufs neue einen
Übermenschen, diesmal zwischen zwei Frauen, zwei Völkern und zwei Glaubensbereichen
. Es ist der biblische Riese, der letzte der zwölf Richter, der von seiner
Geliebten Dalila verraten und von den Philistern geblendet und in Gaza gefangen
gesetzt wurde. Vergleicht man diesen alttestamentlichen Stoff mit Burtes
Gestaltung, so erkennt man seine Meisterschaft im Bau eines dramatischen Kunstwerks
, im schnittigen Dialog, in der Prägung der Personen und im Handhaben
von Spannung und Steigerung. Nennen wir an weiteren Bühnenwerken der
reiferen Jahre: „Apollon und Kassandra" (1926), „Krist vor Gericht" (1930),
„Prometheus" (1932) und „Warbeck" (1936).

Daß man heute Burtes Werken auf den deutschsprachigen Bühnen seltener begegnet
, als man von ihrem künstlerischen Range her vermuten möchte, hat zwei
Gründe. Einmal wird das Herrenmenschentum, dem manche Dramen Burtes das
Wort reden, im Zeitalter der Demokratie und der dem Mitmenschentum verpflichteten
Sozialpolitik nicht mehr so anmaßend verkündet wie von Nietzsches
Anhängern und den Diktatoren. Sodann scheuen sich die Verantwortlichen für
Theaterprogramme, den Namen Burte auf ihre Autorenliste zu setzen, was mit
seiner politischen Haltung und Mitwirkung zur Zeit des Nationalsozialismus
zusammenhängt.

Klarheit über Burtes politischen Irrweg

Gegenüber der Tatsache, daß Hermann Burte eine Reihe von Jahren hindurch
Hitlers Bewegung anhing, ja gelegentlich den „Führer" bewunderte, kann man
sich auf dreierlei Weise verhalten. Man kann, um den Dichter zu schonen, den
Schild des Schweigens über den „Politiker" halten. Zweitens kann man, aus welchen
Gründen es immer sei, Burtes Werk nach braunen Einschlägen durchmustern und
andere, edlere Bekenntnisse wider besseres Wissen unterschlagen.. Der dritte Weg
besteht darin, daß man sein Verhältnis zum Dritten Reich aufzeigt, es vom Wesen
des Dichters und seiner Umwelt her zu erklären versucht (natürlich ohne es zu
billigen!) und sich dann fragt: Hat der Dichter Burte infolge seiner Täuschung
in politischen Dingen das Recht auf Gehör als Dichter verwirkt!

Die beiden ersten Wege erscheinen mir unredlich. Sie gehen aus Voreingenommenheit
hervor und sind als einseitig abzulehnen.

Beschreiten wir daher den dritten Weg! Dabei begleitet uns freilich die Sorge,
die gebotene Kürze gestatte uns nicht, eine genügende Anzahl von Beispielen anzuführen
und sie in den gehörigen Werkzusammenhang zu bringen. Halten wir uns
daher an die rechtliche Grundlage. Das Badische Staatskommissariat für politische
Säuberung (Spruchkammer Freiburg) reihte am 4. November 1949 Dr. Hermann
Strübe, geb. am 15. 2. 1879, unter die „Minderbelasteten" ein (mit dem Verbot,
politische Reden zu halten oder Werke politischen oder sozialpolitischen Inhalts
zu veröffentlichen). Die Begründung lautet: „Er ist im Jahre 1936 in die Partei
eingetreten und bekleidete kein Amt in derselben. — Der Betroffene war von
Juli 1945 bis März 1946 interniert." Die Untersuchungskommission erklärt: „Der
bloße politische Irrtum ist kein strafwürdiger Tatbestand." Sie kommt zum Befund
: „Burte hat niemanden aus politischen Gründen denunziert, geschädigt oder
menschlich mißachtet. Er verkehrte auch mit politischen Gegnern und achtete sie.
Er hat sich für Dichter und Schriftsteller eingesetzt, die den Parteifanatikern
untragbar erschienen, so z. B. für Fritz von Unruh."

Warum galt denn Burte als NS-Aktivist? Der Nationalsozialismus griff gern
auf Burtes Jugendwerk „Wiltfeber" zurück. Dieses Buch „Der Ewige Deutsche —
die Geschichte eines Heimatsuchers" war das Hohelied des herrischen Menschen
mit völkischem Glauben. Der ungestüme Held des Buches mißbilligt es, daß man
„Jehova, den Stammesgott einer Wüstensippe", im Kirchenlied ansingt. Der

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