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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 116
(PDF, 39 MB)
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hinaus schon historiographisch eine Phase der Auffassung von Hebel und seiner
damals schon entschwindenden Welt wieder, — eine Phase, die sich in gleicher
Weise wie in desem gemalten Doppelporträt aus der Atmosphäre von Hebels
Briefen und in schwieriger Rekonstruktion aus Hebels Hausfreundgeschichten
oder aus Gedichten herauskristallisieren läßt, die man ebenso moralisch wie
soziologisch interpretieren muß.

Und eben diesen verschwebenden Augenblick zwischen den zusammenrinnenden
Epochen, diesen Zusammenklang von spätaufklärerischem Ernst und Oberländer
Menschlichkeit, diese Mischung aus pädagogischer Prätension und gelassener
Daseinsgläubigkeit und Daseinszuversicht, — eben das hat Karl Joseph
Agricola in diesem Meisterwerk festgehalten. Gültig. Für immer. In diesem von
Hrn. Fräulin wiederentdeckten Gemälde. Denn das Kirschgartenbild ist dem
Gemälde gegenüber — bei aller Virtuosität der Skizze — doch nur tastende,
registrierende, erkundende Vorarbeit, — die Lithographien sind aus kommerziellen
Gründen ausgeführte Nachfolgearbeiten. Die Mitte, der Höhepunkt
dieser Doppelporträtkonzeption Agricolas aber ist — chronologisch wie technisch
oder ästhetisch gesehen — dieses wiederentdeckte Gemälde, zu dessen Besitz man
den Entdecker, die Stadt Zell und das ganze badische Oberland nur beglückwünschen
kann und muß. Denn Glücksfälle wie dieser Fund ereignen sich nur
in Sternstunden, wenn Begeisterte wachen Auges die äußere Welt durchstreifen
und dort Spiegelungen ihrer eigenen inneren Welt wahrzunehmen vermögen.

Johann Peter Hebel als Theoretiker

von Rolf Max Kully

„Wenn er in seinen volkstümlichen Erzählungen und Belehrungen das Mundartliche
nicht gerade sucht, so läßt er sich doch gehen und erzielt so auch beim
gebildeten Leser eine gemütliche Stimmung. Wir müssen gleichsam unterscheiden
den Hebel in Hemdärmeln und den Hebel im schwarzen Gehrock des Prälaten.
Der hemdärmlige ist uns lieber; denn er ist ein echter Alemanne, Fleisch von
unserm Fleisch und Bein von unserm Bein".*)

„Hebel war kein Literat; wenn er auch einmal von der Freude und dem Gewinn
des „Büchleinmachens" spricht, hat er nie um des Ehrgeizes oder um des
Geldes willen geschrieben, sondern nur, wenn es ihm ein naives Bedürfnis gewesen
ist. Auch die äußere Pflicht des Redaktors vermochte ihm keine künstlerisch
wertvollen Erzählungen abzuzwingen, wie ein Blick in den Kalender zur Genüge
dartut".2)

„Bei Hebel kann von Bildungseinfluß oder auch nur von Bindung an ein
Vorbild keine Rede sein. Der Einfluß Theokrits ist von jeher überschätzt worden.
Daß er ihn in der Schule von allen griechischen Schriftstellern am liebsten unterrichtete
, besagt noch gar nichts [. . .] Der Einfluß von Johann Heinrich Voß
endlich ist überhaupt reine Erfindung! Hebels Mythos ist völlig naiv kindlich".8)

„[. . .] umgekehrt braucht er einen sichtbaren Halt, um einen Gedanken zu
fassen. Abstraktes Denken liebt er nicht, und er ist dazu wohl auch kaum befähigt.
Sein Lebtag hat er der Philosophie keinen Geschmack abgewinnen können".4)

Vergegenwärtigt man sich noch einmal die Aussagen der verschiedenen Forscher
aus einem Zeitraum von fünfzig Jahren, so erstaunt man nicht wenig über die
Unverfrorenheit, mit der da schlechter Stil über ein Sprachkunstwerk schreibt.
Man wird den Verdacht nicht los, daß in der Hebel-Kritik oft nur schulmäßige

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