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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 137
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0143
Johann Peter Hebels Träume

von Joachim Kühn

/. Die Textüberlieferung

Johann Peter Hebels Traumaufzeichnungen wurden schon 1882 von Georg
Längin veröffentlicht1) und finden sich seitdem in jeder größeren Hebelausgabe
. s) Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Handschrift. 3) Sie umfaßt 24 Seiten
mit 27 Träumen bzw. Bemerkungen zu den Träumen aus den Jahren 1804-1812,
Fragment eines Traumbuchs, das Hebel vermutlich 1804 begonnen hat. Diese
Jahreszahl steht oben in der Mitte der ersten erhaltenen Seite, dann ist zu Beginn
des ersten Eintrags (wie bei den meisten folgenden auch) Tag und Monat verzeichnet
, in diesem Falle der 23. November. Das bedeutet: Die Aufzeichnung vom
23. 11. ist zumindest die erste Aufzeichnung des Jahres 1804. Wenn Hebel schon
vorher ein Traumbuch geführt hat, so ließ er es wenigstens 11 Monate unberührt
liegen. Anscheinend ist uns also der Beginn des Traumbuches erhalten, die
Aufzeichnungen zwischen 1807 und 1811 sind dagegen verloren, dann folgen
lückenlose Traumaufzeichnungen bis Mitte 1812. Ob Hebel auch später noch
Träume aufgezeichnet hat, läßt sich nicht feststellen; in die Briefe finden sie zu
keiner Zeit Eingang. Nur daß er geträumt hat, erwähnt Hebel, zuerst an der
Schwelle zum Jahre 1804. So lesen wir in einem Neujahrsgruß:

Sie aber, mein Lieber, sollen sich mit einem frohen Sprung aus dem
Alten Jahr in das Neue hinüber setzen, oder wenn Sie meinen Gout
haben, in einem hübschen Traum hinüber schlummern und in einer lieblichen
Morgenröthe erwachen. 4)
Am gleichen Tage wünscht er auch dem Freunde Nüsslin einen Jean-Paulschen
Traum:

[Mögenl Ihnen in nächtlichen Träumen Prachtgestalten von Blumen aufgehen
, die kein Linne gesehen hat, noch beschreiben kann, und der ganze
Himmel Ihnen zu einem Liehen wird und der Mond und alle Sterne zu
Scutellen. 3)

Zu diesen Zeugnissen kommt nur noch die Erwähnung eines nächtlichen Ausflugs
ins Weltall6), sieht man von dem immer wieder, besonders im Alter beklagten
, maßlosen Schlafbedürfnis7) ab. Doch erlauben sie immerhin einen ersten
Blick auf Hebels Verhältnis zum Traum: Er bietet dem Dichter eine phantastische
Glückswelt, in die einzutauchen er freudig bereit ist. Sie zu bewahren, ist wohl
der vornehmlichste Zweck der Aufzeichnung.

Die Träume sind ohne besondere Sorgfalt sowohl der inneren wie der äußeren
Form niedergeschrieben. Die Schrift ist meist ruhig, die wenigen Verbesserungen
weisen auf ein Streben nach inhaltlicher Genauigkeit und auf eine Scheu vor anstößigen
Stellen. Sicherlich behandelte Hebel seine Träume nicht wie poetische
Produkte, und nur die Tatsache, daß er sie überhaupt aufgeschrieben hat, deutet
darauf hin, daß sie ihm wertvoll waren.

2. Zur Traumuntersuchung

Georg Längin urteilt über die Träume mit Recht, wenn auch noch ganz im
Banne romantischer Traumtheorien: „Es sind zum Theil hochpoetische Phantasien
, die das Nachtleben seines Geistes ihm eingab." 8) Umso überraschender ist es,
daß sich weder die Hebelforschung noch die zahlreichen Untersuchungen zum
Traum in der Romantik um sie gekümmert haben.•) Die Psychoanalytiker, die
sich doch kaum einen träumenden Dichter entgehen lassen, haben Hebel nicht

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