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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 3/4.1979
Seite: 279
(PDF, 31 MB)
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so etwas anders gearteten Pflänzlein daneben oder in der Runde ein Ärger sein
kann. Aber der Vergleich mit einer Eiche ist nicht alles. So in seiner gedrungenen
Gestalt und kraftvollen Massigkeit ist er wie ins Menschliche transformierte verkörperte
Urkraft. Dann könnte, der Figur nach, dieser Sohn Mauiburgs auch ein
japanischer Ringer sein, wie solche in japanischen Holzschnitten geschildert sind.
Dann wieder, dieser Wiesentäler lebt und west wie ein lebendiger Berg, der
alles in sich hat, neben den Abgründen und Schrunden drunten auch die herrlichen
Sichten droben. Da ist er unter Gottes weitem Firmament Fels und Acker."

Natürlich betrachtete Alban genau seine Umgebung und stellte fest: „Über dem
Bücherschaft an der Rückwand hingen Landschaften von ihm. Groß, breit, wuchtig
hingewirkt, auf das Wesentliche der Landschaft oder eines Stimmungseindrucks
hin orientiert. In Farbe und Form unsentimental, gekonnt, in einer züchtig
temperamentvoll hingestrichenen, wohltuend manierlosen Primatechnik. Auch
diese Werke des Pinsels waren in ihrer Pinselhandschrift und Farbe ganz er.
So war er, so schrieb er, ganz gleich also, ob mit der Feder oder mit dem
Pinsel, draufgängerisch, gleich mit gezogenem Säbel wie eine wacker angreifende
Schwadron Reiter. Hermann Burte war wahrlich ein reiner, wackerer Haudegen
des Pinsels und der Schreibfeder, aus einem ebensolchen Geist, einer ebensolchen
inneren Art heraus.

So wie er malte, stand er technisch in der Nähe Trübners, dessen Schüler
Burte ja in Karlsruhe auch war. Aber über Trübners breit vorgetragenen delikaten
tonigen Naturalismus hinaus, war nun bei dem Schüler eine über die rein äußerlich
optische Erscheinung hinausweisende dichterische, dramatisch erdhaft schwer.
Der Eindruck ist bei Burte geistig komprimiert. Da ist Spannung, nicht nur
delikat vorgetragene Abschrift. Da wurde etwas Neues geschaffen aus einem
wirklichen Schöpferakt heraus, aus einer geistigen, nicht nur aus einer technisch
tonig malerischen Idee heraus. Also jedenfalls, ich mußte in einem fort staunen
ob der Art, eben und dann immer wieder ob der Schaffenskraft des gesamten
Hermann Burte. Diese eminente Dynamik in ihm, sie erfaßte mich wie ein
Lebensstrom und wurde mir zum mahnenden Vorwurf, über die Anstreicherei
hinaus wieder energischer an mein eigentliches Werk zu gehen."

Alban nahm das Geld nicht an, das Burte ihm im voraus für künftige Bilder
geben wollte.

Als wenige Wochen später Alban einen Glückwunsch zum neuen Jahr in den
Flachsländerhof schickte, erhielt er zur Antwort: „Auch aus Ihrer Neujahrskarte
spricht Mut, ebenso wie (graphologisch!) aus Ihrer Schrift! Wir vergessen Sie
nicht, und Sie werden sich durchsetzen!"

In einem Urlaub im Mai 1944 traf Alban auf dem Bahnsteig in Lörrach den
Dichter wieder. Plötzlich und völlig unerwartet standen sie voreinander. Der
Obergefreite grüßte, und Burte erkannte ihn in seiner Luftwaffenuniform sofort
und sagte: „Ah, der Gotthold! Warum bisch nit zue mir cho?" — Alban entschuldigte
sich, er habe die Absicht gehabt, ihn zu besuchen, habe sich aber vorher
anmelden wollen, weil er nicht wußte, ob es ihm gerade recht wäre, wenn er
käme. Burte erwiderte, freundlich aus tiefstem Herzen: „Dumms Züg! Mir sin
doch Fründ! Wenn de wieder uf Lörrach chunnsch, so chehrsch a by mir!"

Wenige Tage später kam Alban in den Flachsländer Hof. Burte zeigte dem
Gast wertvolle neue Bücher und Kostbarkeiten, auch die Hans-Thoma-Medaille,
welche Burte zum 65. Geburtstag verliehen bekommen hatte. Trotz seines Angriffes
auf den Bernauer im „Wiltfeber". Natürlich griff der Gastgeber wieder
zur Feder und machte eine Zeichnung, die er in sein Tagebuch einfügen wollte.
Alban blätterte in der Kunstzeitschrift „Die Kunst im Deutschen Reich". Da
meinte der Maler: „Wie gefällt Dir diese Kunst?" — „Da gefällt mir noch lange
nicht alles." — „Mir auch nicht", war die Antwort.

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