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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 13
(PDF, 39 MB)
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führte aber vor allem im Rheingau und in Rheinhessen, die beide zu Hessen-Darmstadt
gehörten, zu einer Blüte 30). Um 1870 kam es zu einer erneuten Krise, die im
Grunde bis heute gegenwärtig ist. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse
wurden in dieser Zeit grundlegend verändert. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes
führte durch verbilligte Transportkosten zu Preisstürzen bei minderen Konsumweinen
, und der Anbau vieler Rebsorten in schlechteren Lagen wurde damit unrentabel
. Die einsetzende Industrialisierung begann in den dichtbevölkerten und verkehrsgünstigen
Gebieten die auch die Standorte des Weinbaus waren und entzog
den Weinbaubetrieben Arbeitskräfte. Kleine Winzer mit zerstückeltem Besitz machten
von der Möglichkeit Gebrauch im Industriebetrieb zu arbeiten. Die mittleren
Besitzgrößen, meist Familienbetriebe überstanden diese Krise etwas besser, während
auf Dauerarbeitskräfte angewiesene Großbetriebe den Kampf mit den Industrieentlohnungen
aufnehmen mußten. Hinzu kam der um die Jahrhundertwende
entwickelte Flaschenabzug, der die Transportmöglichkeiten weiter erleichterte
und zu einer verstärkten Konkurrenz von französischen, italienischen
und spanischen Weinen führte.

Die aus den USA über Frankreich und England eingeschleppten Rebschädlinge
führten aber 1860 zu einer katastrophalen Verseuchung der deutschen Rebflächen.
Es handelte sich dabei um den echten Mehltau, die Peronospera und um die bei
der Einfuhr von mehltaurestistenten Amerikanerreben (Hybriden) eingeschleppte
Reblaus. Diese Schädlinge führten auch in Frankreich zu großen Schäden, doch
waren sie für den deutschen Weinbau, infolge des feuchten Klimas, beinahe tötend.

Alle diese Krisen bewirkten schließlich die Gründungen von Selbsthilfeorganisationen
bei den Winzern. Weinbauverbände, Winzergenossenschaften 31) und Weinbau
-Institute sollten mithelfen, solche Krisen besser zu überwinden oder gar zu
% erhindern.

Vor allem Adolph Blankenborn aus Müllheim im Markgräflerland legte den
Grundstein für eine Entwicklung die erst viel später, nach dem Zweiten Weltkrieg
, durchschlagenden Erfolg haben sollte. Blankenborn erkannte die Bedeutung
wissenschaftlicher Grundlagenforschung für den Weinbau und deren gesetzliche
Absicherung. Er gründete 1872 in Karlsruhe das erste Weinbau-Institut, damals
noch auf privater Basis, da der badische Staat Mittel dafür verweigerte, und untersuchte
die physisch-geographischen Einflüsse und die der Schädlinge auf den Weinbau
Seine Bemühungen führten auch zur ersten deutschen Weinbauorganisation,
dem 1874 in Müllheim gegründeten oberbadischen Weinbauverein, und zur Gründung
des deutschen Weinbauverbandes, dessen erster Präsident Adolph Blankenborn
war 33).

Nachdem der deutsche Weinbauverband auf eine breitere kooperative Basis gestellt
war, zwang er die Regierung sich mit der Notlage der Winzer eingehend zu
befassen. Dies führte zum Weingesetz von 1909, das 1930 erneuert wurde, und
erstmals die Fragen der Zuckerung, des Wasserzusatzes «sowie das Verschnitt-Problem
klärte. Lagebezeichnungen und Wachstumsangaben verpflichteten die Winzer
außerdem zu Naturreinheit 34). Das Ergebnis war zunächst ein Ansteigen der
Weinpreise und eine Verringerung der Kapitalverluste bei den Winzern, doch die
Rebenverseuchung und die damit zusammenhängenden schlechten Erträge sowie
die indirekten Einwirkungen des Ersten Weltkrieges sorgten für einen weiteren
Rückgang der Rebfläche. Der größte Rückgang der Rebfläche von 1938 an hing
mit der Vernichtung der Hybriden zusammen (siehe Abb. 6). Zuerst trugen diese
reblausrestitenten Amerikanerreben dazu bei, daß in starkem Maße andere Bestände
mit der Reblaus verseucht wurden und dann ergaben sie auch noch einen ausgesprochenen
schlechten Wein. Aus diesen Gründen wurde in den 30er Jahren ihre
Vernichtung verfügt B). Die Geschichte des deutschen Weinbaus war seit dem Dreißigjährigen
Krieg begleitet von einem Rückgang der Rebflächen und auch die

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